8 February 1815

Concert for the Benefit of the Poor Orphans

Vienna: Kaiserliches und Königliches Hoftheater zu Wien

Programme  

Overture, Faniska Cherubini
From Griselda, ossia la virtù al cimentoMiss Mosel;Paër
     Scene and AriaVioloncello Accomp.: [?] 
DeklamationMr. Sydow 
DeklamationMme Korn 
DeklamationMiss Adamderge 
Grand Piano Variations on a Military March
with Orch. Accomp.(Alexander Variations)
     (first time of performance) 
Mr. MoschelesMoscheles
DuetMiss Bondra, Mme TremiBlangini
From Ginevra di Scozia: DuetMiss Bondra, Miss BuchwieserMayr
Violin PotpourriMr. Pecháček 
Trumpet RondoMr. WeidingerHummel
Mass  
Principal Vocalists: Miss Adamderge, Miss Bondra, Miss Buchwieser, Mesdames Korn, Tremi; Mr. Sydow
Principal Instrumentalists: Messrs. Moscheles, Pecháček, Weidinger

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Moscheles: ‘She [Countess Hardegg] sent for me…to ask me if I was willing to play at a concert on Ash Wednesday for the charitable institutions of Vienna. I was not very eager in the matter, because I had no new compositions, but she was not to be denied. “Write something, Moscheles, as quickly as you can, and let it be brilliant”, she said. “Yes, but what?” I replied. After much deliberation it was settled that I was to write variations upon the march played by the regiment bearing the name of the Emperor Alexander of Russia’. [RMM, 12.]

Charlotte: ‘He began writing the variations on the 29th of January, and finished them on the 5th of February. These are the famous Alexander Variations, of which it was said for many years that Moscheles alone could play them, and which won for him, both at Vienna and elsewhere on his artistic tours, his high reputation as a bravura player’. [RMM, 12.]

Moscheles writes on February 8: ‘Today being Ash Wednesday, I had a rehearsal of my Alexander variations at the Kärtnerthor Theatre; they went very well with the orchestra, and were much applauded. In the evening I played them at the concert given by the committee of noble ladies for the benefit of charitable institutions; all the Allied Princes were present. The variations were unexpectedly well received—they seemed to be the piece best appreciated during the evening’. [RMM, 13.]

Eduard Hanslick: ‚Im J. 1815 im Kärntnerthor-Theater spielte M. zum ersten Mal seine berühmten „Variationen über den Alexander marsch“, das Glanzstück seiner Virtuosität.—Es ist bekannt, welch kräftigeren, höheren Flug Moscheles später in seinen Clavier-Concerten wagte’.

[Eduard Hanslick, Geschichte des Concertwesen in Wien (Wien: Wilhelm Braumüller, 1869), 218.]

Reviews

Morgenblatt für gebildete Stände (February 22, 1815): 180.

 [Wien], Am 9. Febr.

Der abcliche Frauenverein gab gestern zum Besten der Pflege armer Waisenkinder eine große Akademie im Kärntnerthor-Theater, deren einzelne Bestandtheile an andern Orten Stoff genug für einen ganzen Abend gewesen seyn würden. Tonkunst, Deklamation und bildliche Darstellungen waren ihre Hauptzweige.

Auf die treffliche Ouvertüre aus Cherubini’s „Faniska“ folgte eine Scene aus der „Griselda“ von einer Dilettantinn, Fräulein Cäcilie v. Mosel, mit einer Zartheit und Kraftfülle und mit einer Geläufigkeit vorgetragen, wie man sie selten bey einer bloßen Freundinn der Kunst vereinigt findet. Ein wahrer Platzregen von Beyfall folgte dem letzten Schmelz ihrer Töne. Nach einigen Zwischen-Deklamationen von Sydow (der sich schon mehrere Monate hier verweilt) von Mad. Korn, Adamberger u. f. w., die theils naiv, theils fait und manierirt ausfielen, zeigte sich Moscheles, der schon beym Eintritt mit Beyfauklatschen empfangen wurde. Er hatte ganz kürzlich Variationen auf ein allerliebstes allgemein bekanntes Thema komponirt, das er jetzt vortrug. Zuerst ließ er die Töne ganz einfach dahin rollen; dann entwickelte er nach und nach eine ganz unglaubliche Fertigkeit, indem er das Thema mit der einen Hand spielte, während er mit der andern den ganzen Flügel in Terzen chromatisch durchlief, wobey den Ohre dennoch kein Ton verloren ging. Das unerwartet einfallende Orchester machte einen überraschenden Effekt. Bald ließ sich Moscheles nur durch einzelne Flötentöne, oder Paukenwirbel, oder tiefe Baßtöne begleiten. Kraft-Ausdruck und deutliche Schnelligkeit zeichnen diesen jungen Künstler besonders aus. Mad. Tremi und Dlle. Bondra sangen ein Duett von Blangini, über dessen treffliche Ausführung sich der Verfasser, den man augenblicklich au seinen lieblichen effektvollen Melodien erkennt, innig gefreut haben würde, wäre er anwesend gewesen. Auch aus der Ginevra di Scozia wurde von Dlle. Buchwieser und Bondra ein Duett mit vielem Ausdruck gesungen. Hr. Pechatschek ließ seine eigne Compositien, einen neuen Potpourri, auf der Geige hören. Es ist ein ganz vorzüglicher Künstler. Der Ton und Strich seiner Geige ist sehr süß und angenehm; Doppelgriffe spielt er des wundernswürdig rein und leicht; nur trillert er ein wenig zu viel.

Für die Klappentrompete hat Hummel ein eignes Konzert gesetzt, was der Erfinder dieses wichtigen Instruments Hr. Weiding, mit vollständiger Orchester-Begleitung über alle Erwartung schön ausführte. Der schnellsten Rouladen der hinreißendsten Molgänge, des heftigen Schmetterns und des leisesten Hauchens ist dieses Instrument fähig.

Als der gesunkene Vorhang wieder aufgezogen wurde, sah man ein ungeheures Gemählde mit goldnem Rahmen in der Mitte, was von lebenden Figuren in schönster Farbenpracht vorgestellt wurde; es stellte Maximilians I. Zusammen kunst mit Maria, der schönen und reichen burgundischen Braut, in altdeutscher Tracht vor, ein Gemählde, was Petter in der Ausstellung der Anna-Akademie den Blicken des Publikum darbot. Rings um dieses große Gemählde sah man noch 5 Brustbilder und Kniestücke, ebenfalls von lebenden Personen dargestellt. Diese Bilder waren ein junger Raphael ein van der Werff, ein Leonardo da Vinci und andre Stücke. Dieses sind die f. g. Tableaur, die seit einiger Zeit eine so glänzende Rolle in Wien spielen, so daß keine Privatgesellschaft mehr ohne sie Statt finden kann. Diese Darstellung war so unvergleichlich angeordnet und ausgeführt, und so prächstig, daß man nichts als ihre zu kurze Existenz bedauerte.

Horstig.

Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt (February 14, 1815): 83

Wien.—Theater nächst dem Kärnthnerthor.—Den 8. Febr.: Eine große musikalische Akademie mit Declamation und Gemähldedarstellungen verbunden, deren Einnahme von der Gesellschaft adelicher Frauen zur Beförderung des Guten und Nützlichen zur bessern Verpflegung der Findlinge bestimmt war. Wir wollen in der kurzen Anzeige von dieser Akademie eine gewisse Stufenfolge beobachten; der Declamation zuvörderst und sodann der Sing- und Musikstücke erwähnen.

Herr Theodor Baron v. Sydow sprach die Rückkehr des angebetheten Landesvaters in seine Residenz recht gut, und begleitete den Vortrag nur mit wenigen Gesten; vorher eine kleine Captatio benevolentiae, wie das bey reisenden Kunst rednern Sitte ist. Später wurde: Saul und David, von Mahlmann, von ihm nicht sowohl declamirt, als theatralisch gespielt. Es ist möglich, daß der Ort, auf welchem er stand, durch eine unwillkührliche Ideenverbindung dieses Agiren bewirkt haben mag; allein als Meister der Kunstrede oder des Kunstredens, oder (ad analogiam: Darstellkunst) der Darsprechkunst könnte und soute doch wohl sein Vortrag dem Begriff und Wesen der Declamation entsprechen, weil sonst die Theorie mit der Ausübung in geradem Widerspruch steht.

Madame Korn declamirte die schöne Schiffer in n, von Tiedge.—Wir haben noch nie bemerkt, daß Mad, K. in der Wahl derley Stücke fehlgegriffen habe. Sie paßt solche ihrer Individualität an, trägt sie mit allerliebster Naivetät vor, und ist daher jedes Mahl des Beyfalls gewiß. Ganz entgegengesetzt wählt Dlle. Adamderger in der Regel ernsthafte Sachen, die zwar recht hübsch und solide für ein gemischtes Publicum, aber nicht an ziehend genug sind. Dieß war auch bey der Pichler’schen Dichtung: Johann Hunnyady Corvin, der Fall, obgleich die klangvolle Stimme der Sprecherinn selten das Herz verfehlt. Wenn ein sehr lebhafter Empfang bevm Auftreten ein Beweis der lebhaften Theilnahme der Versammlung ist, so kann sich Dlle. A. derselben vorzüglich erfreuen. Verdient hat sie solche längst durch Talent und anspruchslose Sittsamkeit.

Als Sängerinnen traten auf:

1) Fräulein Cäcilie v. Mosel, eine Dilettantinn, mit einer Scene und Arie aus der Pär’schen Oper: Griselda, begleitet von einem Violoncellsolo. Artige Stimme und artiger Vortrag. Erstere kann man zwar nicht eigentlich sonor und metallreich nennen, indeß greift sie doch ziemlich durch und ist verständlich, wenn gleich derselben das eigentliche Verschmelzen der Töne fehlt, wodurch es zuweilen den Anschein gewinnt, als wäre der Ton nicht ganz Kit.

2) Madame Tremi und Dlle. Bondra in einem Duett von Blangini, schön und richtig vorgetragen.

3) Dlls. Buchwieser und Bondra in einem Duett aus der Oper: Ginevra di Scozia, wie das vorige gut ausgeführt.

Von den Musikstücken gefiel mit Recht die Ouverture aus der großen Oper: Faniska, von Cherubini; dann folgten:

1) Variationen über ein Balletthema für das Pianoforte, mit Begleitung des Orchesters, componirt und vorgetragen von H. Moscheles. Man kann das Streben des Compositeurs, Meister seiner Kunst zu werden, nicht verkennen. Obgleich das Thema sich nicht ganz zu Variationen eignet, so war es doch zart und mit Umsicht behandelt, und erhielt allgemeinen Beyfall. Herr Moscheles muß aber das Publicum nicht auf sich warten lassen, so wie den Damen weniger Eile beym Abgehen zu empfehlen ist.

2) Potpourri für die Violine, componirt und vorgetragen (aus beliebten Opern) von Herrn Pechatschek. Die Genialität dieses jungen Mannes spricht sich immer deutlicher aus, und wird bey fortgesetztem Studium ihn den vorzüglicheren Künstlern anreihen.

3) Ein Rondeau auf der Klappen trompete, componirt von Herrn Hummel, vorgetragen von Herrn Anton Weidinger, dem Erfinder dieses Instruments. Der Werth der Hummelschen Compositionen ist anerkannt, und bedarf keiner Empfehlung; die Trompete aber ist ihrer Natur nach ein Instrument zu keiner Spielerey, sondern zur Bezeichnung kraftvoller Momente geeignet. Durch die Klappen erhält sie zwar größere Biegsamkeit im Gebrauche, allein die ursprüngliche Bestimmung geht verloren; und so künstlich auch die Einrichtung seyn mag, so kommt man doch öfters in Versuchung, statt der Harmonie der Töne ein Katzengeheut zu substituiren. Der Beyfall, den der Vortrag erhielt, ist lediglich Folge der Sachneuheit und der Fertigkeit des Vortragenden. Der Werth und die Zweckmäßigkeit der Erfindung wird dadurch nicht beurkundet.

Als Zugabe und Beschluß folgte die Darstellung eines Hauptgemähldes: Maximilian I. Zusammenkunft mit Maria, Prinzessinn von Burgund, mit vier Nebengemählden. Ersteres ist von Herrn Petter gemahlt, und befand sich in unserer Kunstausstellung vom Jahre 1813. Ein sehr schönes Gemählde; Maximilian im rothen Sammtmantel mit Hermelin; Maria im goldgeblümten Kleide mit langer Schleppe, den Blick gerade auf Maximilian gerichtet. Wir hielten dies damahls für den einzigen Fehler, weil durch jene gerade Richtung ihr Auge im scharfen Winkel erschien, während das Gesicht Maximilians sich mehr en face den Zuschauern darstellt. Ein Gleiches schien uns bey der Darstellung obzuwalten. übrigens war die Anordnung vortrefflich, das Costüme schön gewählt, die Drapperie der Kleider geschmackvoll, die Beleuchtung gelungen und anziehend. Die vier Nebengemählde erhöhten die Darstellung des Hauptgemähldes, obgleich sie mit demselben in keiner Verbindung stehen. Wir haben einen ähnlichen Genuß lange entbehrt, und sind daher dem Decorationsdirector Herrn Tremi und Hrn. Ph. v. Stuben rauch offenbaren Dank schuldig. Das Publicum verlangte einstimmig die Wiederhohlung. Eine zweckmäßige Verwendung von derley Gemähldedarstellungen bildet den Kunstgeschmack, und wird auch der Kasse Vortheil bringen; nur müssen sie nicht als Hauptsache behandelt, und wie bey der Rivalität der Hoftheater mit jenen an der Wien durch schnelle Wiederhohlung nicht unschmackhaft gemacht werden.