4 May 1820

Ignaz Moscheles’ First Concert

 

Amsterdam: Deutsches Theater

Programme

Part I    
AriaMme SchirmerPaër
Overture  
Piano Concerto [No.2 in E flat major]Mr. MoschelesMoscheles
Part II  
DuetMme Schirmer, Mr. Haberkorn 
Grand Piano Variations on a Military March
with Orch. Accomp. (Alexander Variations)
Mr. MoschelesMoscheles
Overture    
Free Piano Fantasia, incl. Dutch folk melodiesMr. Moscheles 
Principal Vocalists: Mme Schirmer; Mr. Haberkorn
Principal Instrumentalists: Mr. Moscheles

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Charlotte: Nachdem er in Augsburg bei der Exkönigin Hortense gespielt, macht er einen Abstecher nach HoIland. In Amsterdam giebt er vier Concerte, im Haag eins. Dort sah er zuerst die herrliche Nordsee und verzeichnete in sein Tagebuch die gewaltigen Eindrücke, die ihm dieser grossartige Anblick erweckt. Dort war es auch, wo er sein G-moIl-Concert in Angriff nahm und glücklich beendete…Die erste Probe des Concerts fand in der „Liebhaber-GeseIlschaft“ statt, und es gefiel; aber gewiss hat keiner der damals Anwesenden dieser Composition das lange Leben prophezeiht, dem sie entgegenging, ohne dass der Autor selbst es zu hoffen wagte. [AML I, 38.]

Moscheles: Da ich täglich das melancholische Glockengeläute des nahen Kirchthurms hörte, so war esnatürlich, dass ich die Moll-Tonart wählte und das erste Stück als Malinconia bezeichnete. [AML I, 38.]

Moscheles [Writing from Amsterdam in 1835]: ‚Sie haben mich vom Jahre 1820 an, wo ich die Gastfreundschaft der Familie Königswarter genoss, mit offenen Armen, meine Kunstleistungen mit offenen Ohren aufgenommen. Damals schrieb ich dort mein G-moll-Concert, jetzt sehe ich meine neueren Compositionen mit nicht geringerer Wärme aufgenommen‘.[*] [AML I, 313-314.]


[*] Coleridge wrote in RMM, 24.: ‘It was at Amsterdam that he began his concerto in G minor, which he finished on the 4th of August, 1817.’ The date is incorrect. Moscheles did not travel at Amsterdam in 1817.

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Oesterreichischer Beobachter (April 9, 1820): 462.

Der berühmte Tonkünstler Hr. J. Moscheles, welcher in München von der königlichen Familie mit Gnadenbezeugungen überhäuft, und vom Publicum mit dem lebhaftesten Beifall aufgenommen wurde, seßte seine Kunstpreise durch Deutschland fort, und hat seinen Plan dahin abgeändert, daß derselbe erst in den Herst-Monaten zu Paris einzutreffen, und inzwischen mehrere der berühmtesten Städte Deutschlands, besonders in den Rhein – Gegenden, und dann die Niederlande zu besuchen gedenkt.

Allgemeine musikalische Zeitung (May 17, 1820): 625-627.

[Amsterdam in April]….Der bekannte treffliche Pianist, Herr Ignaz Moschelles aus Wien ist hier angekommen, und wird wahrscheinlich Concert geben. Vielleicht über ihn, und sonst das eine und andere, nächstems mehres.

Reviews

Allgemeine musikalische Zeitung mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat (September 30, 1820): 625-627.

Musikalischer Bericht aus Amsterdam.

Unsere reiche und kunstliebende Stadt wird von Virtuosen jeder Art recht fleissig besucht, und wahres Verdienst hat dabey immer seine Rechnung gefunden. So kamen die grüssten Künstler aus Paris und London zu uns, so gaben viele Deutsche und französische Sänger und Schauspieler mit einem, ihren Talenten angemessenen, Erfolge auf unserer deutschen wie auf der Französischen Bühne Gastrollen, und erfreueten sich stets billiger Zuhörer und reichlicher Belohnung. Selten ward uns jedoch ein musikalischer Genuss zu Theile, wie ihn Herr Ignaz Moscheles aus Wien uns diesen Sommer über verschafft hat. Ihm war ein grosser und überaus vorteilhafter Ruf, besonders von dem uns nähern Frankfurt, vorausgeeilt, und was man in der Kunstwelt von den Leistungen des Virtuosen sprach, erregte gespannte Erwartungen, die auf den später Erscheinenden, und auf sein wirkliches Verdienst einen oft sehr nachtheiligen Einfluss behaupten. Doch diessmahl ging es ganz anders; schon die Jugend und die liebenswürdige Bescheidenheit des Herrn Moscheles gewannen ihm alle Herzen, und sein Spiel vollendete den Eindruck, den früher seine Werke, und später seine Persönlichkeit gemacht hatten. Herr Moscheles ist Tonsetzer und Virtuose. Als ersterer zeigte er eine blühende, jugendliche Einbildungskraft, welche, von tüchtigen technischen Kenntnissen unterstützt, sich in Glanz und Freudigkeit gefällt, durch Schwierigkeit imponirt, und durch Melodie schmeichelt. Wir bemerkten auch mit Vergnügen, dass der verdienstvolle Compositeur in seinen spätern Werken immer gediegener wird, und gründlich darnach strebt, sich ein unvergängliches Denkmahl der Phantasie und Kunst zu setzen. Besonders zeigte sich diese Richtung in dem letzten grossen Fortepiano-Concerte aus G-moll, was der Künstler hier geschrieben, und bey Gelegenheit seines vierten und letzten Concertes mit dem glänzendsten Erfolge producirt hat. Es über schritte den mir gegönnten Raum, wollte ich die Einzelnheiten dieses herrlichen Werkes zergliedern; daher genüge es zu sagen, dass alle hiesigen Künstler, Musikkenner und Freunde dieses Concert seiner Gediegenheit, seines Glänzes und seines Reichthumes an Phantasie wegen, würdig befunden haben, den besten Productionen in dieser Gattung mit Vorzug angereiht zu werden. So weit über Herrn Moscheles als Tonsetzer; als Spieler hat er fast noch mehr Verdienst, und was Glanz, elegante Kraft, imponirende Fertigkeit und Präcision betrifft, mag er in Europa so ziemlich allein da stehen. Auch wurden seine Leistungen stets mit ungeheuerem Enthusiasmus vom zahlreicherscheinenden Publicum aufgenommen, und das Angenehme war immer mit dem Nützlichen vereint, was ein Phänomen und wahres Wunderwerk der Kunst genannt werden kann, da die schöne Jahrszeit so eben ein getreten war, und die Freunde der Natur auf das Land rief. Herr Moscheles gab hier vier Concerte, alle im deutschen Theater, und bey immer vollem Hause. Die drey ersten folgten ziemlich schnell auf einander, sie hatten am 4. und 16. May, dann am 5. Juny Statt; das letzte wurde am 22. August gegeben. Der hiesige sehr geschätzte Künstlerverein: Eruditio música, unterstützte den Virtuosen bey jeder seiner Productionen mit wahrer Liebe, feuerigem Eifer und der liberalsten., uneigennützigsten Bereitwilligkeit, eine Auszeichnung, die noch keinem Fremden in diesem Masse zu Theil wurde. Wenn sonst dieser Verein zum Vortheile dieses und jenes Künstlers seine Kräfte aufbiethet, was meistens nur im Winter geschieht, wo dann die Gesellschaft selbst in Felix meritis, dem Institute der schönen Künste, mehrere musikalische Abend-Unterhaltungen zu ihrem eigenen Vortheile veranstaltet, muss der Künstler auch hinwieder in den Gesellschafts-Concerten sich hören lassen, und, den Abend verherrlichend, die Einnahme verdoppeln; doch in der schönen Jahrszeit bleibt dieser Gegendienst weg, und um so schöner glänzt die Bereitwilligkeit der verehrten Vereinsmitglieder. Eben so wirkten die ausgezeichnetsten Talente unserer Stadt bey jeder Gelegenheit mit, und erhöhten den Genuss der Productionen des Herrn Moscheles. Doch wir beschränken uns hier auf die Leistungen des Künstlers, der sich nebst freyen Phantasien in zwey von ihm selbst gesetzten Concerten aus Es-dur und G-moll, in Beethoven’s Concert aus C-moll und in dessen Phantasie mit Orchester und Chor, dann in einem Rondeau brillant und Variationen von seiner eigenen Composition hören liess.

Allgemeine musikalische Zeitung mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat (October 7, 1820): 644-646

Musikalischer Bericht aus Amsterdam.

(Sсhluss.)

Den Berichterstatter so wie das Publicum entzückten am meisten die beyden Concerte, besonders das schon besprochene in G-moll, was der Verfasser nach seiner eigenen Äusserung mit besonderer Liebe und Fleiss gearbeitet hat, und seinen frühern Producten gänzlich vorzieht; zunächst aber die Variationen über den Alexander-Marsch, deren Wiederhohlung in den nächstfolgenden Concerten immer verlangt wurde, deren Vortrag stets den lautesten Enthusiasmus erregte. Sie sind aber auch der Triumph des Glanzes und des effectvollen Clavierspieles. Mehr aber noch als diese durch die Notenschrift schon gefesselten Eingebungen des schöpferischen Geistes, sprachen die in jedem Concerte Statt gehabten freyen Phantasien das Publicum an; hier entfaltete der Künstler seinen ganzen Ideenreichthum, seine ausserordentliche Kunstfertigkeit in ihrer vollen, blendenden Kraft. Melodie und Harmonie, Gesang und Schwierigkeit, neuester Geschmack und contrapunctische Wendungen, wechselten ab, erfreueten und imponirten zugleich. Geschickt flocht der Künstlerin seine Schöpfungen echt nationale Melodien der Holländer ein, welche Aufmerksamkeit bey dem empfänglichen Publicum ihre Wirkung um so weniger verfehlte, als Herr Moscheles, um zugleich auch die Kunstkenner zu befriedigen, diese Volksmelodien contrapunctisch ausarbeitete, und ihnen meistens ein eigenes Contrathema beygesellte. So stieg die Freude der hingerissenen Zuhörer auf das Höchste, und sie riefen jedes Mahl den seltenen Künstler hervor, um ihm nochmals für den gehabten Genuss ihren Dank zu bezeigen. Man wünschte allgemein einen so ausgezeichneten Tonsetzer und Virtuosen, der zugleich auch als Mensch liebenswürdig ist, hier zu behalten, und der Berichterstatter weiss, dass ihm von den ersten Häusern dieser Stadt sehr annehmbare Anträge gemacht wurden, wenn er sich bey uns niederlassen wollte; doch Herr Moscheles, seinen Reiseplan vor Augen habend, lehnte dieses schmeichelhafte Ansinnen standhaft ab, und wird nächstens über den Haag, Antwerpen, Brüssel und Aachen abreisen, nochmahls Frankfurt, wo man ihn mit Ungeduld erwartet, besuchen, und dann in der günstigen Zeit nach Paris reisen. Möge Segen und Freude den Spender so süsser Augenblicke überall begleiten!

….

E. T. Hermann.

Allgemeine musikalische Zeitung (October 18, 1820): 709-710.

Amsterdam. Hr. Moscheles, der rühmlich bekannte Klavierspieler und Tonsetzer aus Wien, erfreute uns am 4ten May durch ein Concert im hiesigen deutschen Theater, worin wir folgende seiner Compositionen hörten; im ersten Theile: eine Ouverture, und ein brillantes Klavier-Concert; im zweyten noch eine Ouverture, die bekaynten Variationen über den Alexandermarsch und zum Schluss eine freie Fantasie fürs Pianoforte. Hr. Moscheles erwarb sich durch seinen vortrefflichen Vortrag lauten Beyfall und wurde was hier sonst nicht üblich ist, am Schlusse des Concertes, von dem sehr zahlreich versammelten Publikum hervorgerufen. Hr. Moscheles verdiente diese Auszeichnung in jeder Hinsicht; denn was er uns zu hören gab und wie er es ausführte, sichert ihm aller Achtung. Mad. Schirmer sang im ersten Theile eine Arie von Paer sehr brav, im zweyten ein Duett mit Hry. Haberkorn.