15 December 1823

Ignaz Moscheles’ Third Concert

Vienna: Kaiserliches und Königliches Hoftheater zu Wien

Time: Evening, Seven o’Clock

Programme

Overture in C major, Zur Namensfeier Beethoven 
Piano Concerto No.2 in E flat majorMr. MoschelesMoscheles 
AriaMme GrünbaumRossini 
Grand Piano Variations on a Military March with
Orch. Accomp. (Alexander Variations)
Mr. MoschelesMoscheles 
From Mosè in Egitto: DuetMlle Sontag, Mr. HaitzingerRossini 
Violin Variations on a Danish SongMr. MaysederMayseder 
Free Piano Fantasia, incl. themes by Handel
and ‘Gott erhalte Franz den Kaiser’
Mr. Moscheles  
Ballet, Die Amazonen Gallenberg 

  

Principal Vocalists: Mlle Sontag, Mme Grünbaum; Mr. Haitzinger      
Principal Instrumentalists: Mr. Moscheles

———————————

Programme Notes: Moscheles played his Piano Concerto No.2 on and the Alexander Variations on a Leschen piano and he improvised a free fantasia on Beethoven’s Broadwood piano. According to Schindler and Charlotte, Moscheles performed on a Graf instead of a Leschen piano, yet all the reviews wrote that the piano was made by Leschen.


Charlotte: The success of the first concert which Moscheles gave after his return to Vienna raised his spirits once more to the old level, although he was not free from bodily suffering. [RMM, 58.]

Charlotte: In November and December, Moscheles gave a second and third concert in the Karntnerthor Theatre, and for the last occasion Beethoven lent him with the greatest readiness his Broadwood piano. Moscheles wished, by using alternately at one and the same concert a Graf and an English piano, to bring out the good qualities of both. Beethoven was not exactly the player to treat a piano carefully; his unfortunate deafness was the cause of his pitiless thumping on the instrument, so that Graf—foreseeing the favourable issue of this contest to himself—generously laboured to put the damaged English instrument into better condition for this occasion. [RMM, 59-60.]

Moscheles: I tried…in my Fantasia to show the value of the broad, full, although somewhat muffled tone of the Broadwood piano; but in vain. My Vienna public remained loyal to their countryman—the clear, ringing tones of the Graf were more pleasing to their ears. Before I left the room I was obliged to yield to the urgent request of several of my hearers, in promising to repeat the whole concert the day after tomorrow. [RMM, 60.]

Anton Schindler: In November 1823, during a short visit that he made to Vienna, I [Schindler] took him to see the master and we three dined together. The reason for this meeting was that Moscheles wanted to ask Beethoven in person if he might use his English grand piano for a public concert that was to take place at the Kärtnerthor Theater. I had already made the request on Moscheles’s behalf. Strangely enough, the master’s reply was that he suspected Moscheles of some kind of financial speculation, since the piano and too short a keyboard to be of use to him. Nevertheless he lent him the piano. Moscheles used it only for an improvisation, as Conrad Graf had furnished him with one of his pianos.

[Anton Schindler, Beethoven as I Knew Him, ed. Donald W. MacArdle, trans. Constance S. Jolly (New York: W. W. Norton & Company, 1972), 372.]

Eduard Hanslick: Er that dies in den Jahren 1823 und 1824 nach der damals beliebten Gepflogenheit, im Kärntnerthor-Theater in den Zwischenacten oder vor dem Ballet. Ein Concert eigener Composition, der „Alexandermarsch“ und zum Schluß eine freie Phantasie, bildeten die Hauptbestandtheile dieser Concerte.

[Eduard Hanslick, Geschichte des Concertwesen in Wien (Wien: Wilhelm Braumüller, 1869), 218.]

Advertisements

Playbill

Montag den 15. D

K. K. Hoftheater nächst dem Kärnthnerthor

Zum Vortheile des Herrn J. Moscheles.:

Eine große musikalische Akademie,

worin derselbe zum letzten Mahle sich auf dem Pianoforte hören zu lassen die Ehre haben wird.

Vorkommende Stücke:

1. Ouverture in C, von L. van Beethoven. (Manuscript.)

2. Concert (in Es dur), für das Pianoforte, komponirt und vorgetragen von Herrn J. Moscheles.

3. Arie von Rossini, mit Chor, gesungen von Mad. Grünbaum.

4. (Auf Verlangen) Die Variationen über den Alexander-Marsch, componirt und vorgetragen von Herrn. J. Moscheles.

5. Duett aus Moses, gesungen von Dlle. Sontag und Hernn Haitzinger.

6. Variationen für die Violine, über ein dänisches Lied, componirt und vorgetragen von Herrn J. Mayseder, k. k. Kammer-Virtuosen.

6. [sic] Freye Phantasie auf einem englischen Pianoforte von Broadwood, vorgetragen von Herrn H. Moscheles.

Hierauf:

Die Amazonen.

Heroisches Ballet in drey Acten, von der Erfindung des Herrn L. Henry.

Musik von verschieden Meistern.

Personen.

Oriethnia, Königinn der AmazonenDlle. Perceval. o Theseus, Hr. Rozier.
Anttope, ihre NichteMad. Rozier. o Aristheus,AthenienserHr. Bretel.
Amyntha, ihre FreundinnMad. Gioja. o. Eurikles, Hr. Desterfani.
    Amazonen. Athenienser  

Tanzstückes: Pas de deux, getanzt von Dlles. Milliere und Perceval.— Pas de sept, getanzt von Hrn. Rozier, Mad. Rozier, Dlles. Heberle, Torelli, Mad. Bretel. Dlles. Ramacini und Eßler Th. Musik hiezu von Carafa.—Pas de deux, getanzt von Dlle. Heterle und Dlle. Torelli.—Pas de onze, getanzt von den Herren RozierBretel, Dlle. Milliere, Mad. Rozier, Mad. Bretel, Dlles. Ramacini, Perceval, Torelli, Etzler Therese und Etzler Fanny.

Musik hiezu von Rossini.

Freybillets sind heute ungültig.

Dlles. Unger, Bio und Taglioni sind unpäßlich. Herr Zeltner ist krauß

Der Anfang ist um 7 Uhr.

[Österreichisches TheaterMuseum]

Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt (December 13, 1823): 596.

Hr. Moscheles wird nach dem dritten Concert Wien verlassen, um eine neue Kunstreise zu beginnen.

Reviews

Allgemeine Theaterzeitung und Unterhaltungsblatt für Freunde der Kunst, Literatur und des geselligen Lebens (December 20, 1823): 607.

Musik.

Moscheles gab im k. k. Hoftheater nächst dem Körnthnerthore Montags den 15. Dec. zum letzten Mahle vor seiner Abreise von Wien ein Concert. Wir hegen die angenehme Hoffnung, daß dieser Beysatz „zum letzten Mahle“ hier nur zum ersten Mahle auf dem Theaterzettel stand. Angenehme Genüße wünschen alle Sterblichen wiederholt, und wenn sie auch manchmahl mit Lebensgefahr verbunden wären. Und ist dieß etwa eine Uebertreibung bey der Akademie von Moscheles? Waren nicht schon einige Frauenzimmer ohnmächtig, die um sechs Uhr im Vorhofe des Schauspielhauses so ins Gedränge geziethen, daß man glaubte sie würden sieben Uhr nicht erleben? Rollten nicht die Carossen mit ihren Quasten gezierten Staatsgaulen daher, als ob eine italienische neue Oper von Rossini aufgeführt würde? Drängte sich nicht der gebildete Wiener mit seiner Schönen am Arm hinzu, als ob Mozart’s „Don Juan“ oder „Figaro“ gegeben würde? Ja man kann im Style des zum correspondirenden Mitgliede der Frankfurter gelehrten Gesellschaft ernannten Pascha’s von Aegypten sagen: „Alle Gläubigen und Ungläubigen strömten nach dem Theater um dieser Akademie beyzuwohnen.“

Zuerst mußte der Ruf des Hrn. Moscheles auf jedem Fall so großen Einfluß geäußert haben, zweytens mochte wohl der Nahme des unübertrefflichen Violinspielers Mayseder einen Theil der Zuhörer berbeylocken, drittens mußte nothwendig das Wort „auf einem englischen Fortepiano“ die anziehende Macht des  Theaterzettels verstärken, denn wie sollte nicht alles was „englisch“ heißt, in unserer Zeit die Neugierde der Welt rege machen?

Ein englisches Horn, ein englischer Braten, ein englisches Pferd, ein englischer Lord, ein englischer Hund, ein englisches Hosenzeug, ein englisches Dampfschiff, dieß sind lauter anziehende Sachen, und also mußte auch das englische Fortepiano seine Attractions-Kraft geäußert haben.

Die Akademie fing mit Beethoven’s Symphonie in C an. Die Aufführung dieses Tonwerks war fleißig, doch schien das Publikum zu gemischt in Beziehung auf seine Geschmacksnerven zu seyn. Der Vorhang rollte auf. Das deutsche Fortepiano von Leschen in Wien wurde von den Dienern, welche bey dieser Gelegenheit immer auch gleich eine Anstandsrolle spielen müssen, und manch mahl Lachen erregen—aufgeschlossen, die Lichter gestellt, und alles geordnet. Moscheles erschien, und legte wie er gewöhn lich thut, seinen französischen Staatshut an die Erde. Warum nicht auf einen Sessel? Das Concert in Es begann und wir hörten nun auch in dieser Composition einen recht gehaltvollen Styl, dessen sich der Virtuos seit seiner Abwesenheit von Wien in der That bemeistert hat. Die Instrumenstrung zeigt von einem raffinirten Hautgout, der gehörig pikant zu würzen, und schöne Mannigfaltigkeit zur Einheit zu verbinden weiß.

Man muß gestehen, daß Hr. Moscheles in der musikalischen Rhetorik den Artikel von der Gradation recht gut studirt und auf die Art sich zu präsentiren klug anzuwenden gelernt hat. Er schien die größten Schwierigkeiten in diesem Conzerte vereintgt, und die effektvollsten Passagen für dieses Tonstück ausstudiert zu haben. Allgemein war die Anerkennung seines großen Virtuosentalents, laut und höchst ehrenvoll der Beyfall. Er bediente sich des deutschen Fortepianos mit einem unbegränzten Vertrauen in seine Tüchtigkeit, und der deutsche feste Charakter bewährte sich auch hier. Seine Grazte in der Kunst Perlenschnüre aus Tönen zu rethen, welche in funsel nder Schönheit den ästhetischen Sinn ergötzen, ist eminent. Seine Bravour und Sicherheit möchte wohl in jetziger Zeit nicht übertroffen werden. Er wurde nach dem Abgange noch zwey Mahl gerufen.

Hierauf sang Mad. Grünbaum eine italienische Scene mit der ihr eigenen Virtuosität und erntete lauten ehrenden Beyfall ein. Auch sie wurde hervorgerufen. Ihre Stimme war sehr hell und rein.

Der Held des Abends trat nun wieder zum Fortepiano. Er nahm auch jetzt wieder das deutsche, um seinen Alexandermarsch mit Variationen, die wir, aufrichtig gesagt, zu seinen glänzensten zählen, darauf vorzutragen, das englische Instrument—es ist dasjenige, welches der berühmte Engländer Broadwood unserm berühmten Beethoven zum Präsente von London gesandt hat—stand immer im Winkel des Saales, und man stellte allerley Betrachtungen über seine äußere, mehr im alten Style gehaltene Form an. Moscheles trug nun sein Tonstück [*] einer ganz unerhörten Bravour und unbegreiflichen Schnelligkeit des Tempos vor. Wirklich kann man sich nicht mehr Fertigkeit, Präcision und Geschmack im Piano, besonders in kleinen Ritardando’s denken. Der Beyfall war stürmisch.

Jetzt traten Dem. Sontag und Hr. Haizinger vor, und sangen beyde mit schöner Stimme und kunstgerechtem Vortrage ein italienisches Duett. Sie wetteiferten in Zierlichkeit und Ausdruck, lauter Beyfall war ein Tribut, den jeder Unbefangene der reizen den Sängerinn und dem braven Tenor aus frohem Herzen brachte. Auch diese wurden abermahls gerufen.

Ihnen folgte der Liebling der Wiener, der sich immer mehr in Eleganz, Korrektheit und Anmuth des Spiels übertreffende Violinist Hr. Mayseder. Wer kann diesen Herzenszauberer hören, ohne ihm seinen Beyfall zu schenken. Er spielte meisterhaft, und entlockte seiner Violine die reizendsten Schmeicheltöne. Sein Abgang war von so enthusiastischem Beyfall begleitet, daß er zwey Mahl wieder auf der Bühne erscheinen mußte, um den Beyfall zu empfangen.

Nun machte Moscheles den Beschluß mit einer freyen Fantasie auf dem englischen Fortepiano. Er erweckte die rührende Theilnahme aller Herzen durch sein Thema, das wir mit Recht ein Hauptthema aller Oesterreicher nennen können, auf enthusiastische Weise, denn er spielte freye Variationen auf das Lied ,,Gott erhalte Franz den Kaiser“ mit großer Bravour und reichem Erfindungsgeiste. Der Beyfallssturm endete nur als er ein neues Thema von Händel einwebte. Laute Bravo’s und Händeklatschen begleiteten ihn beym Abgange. In der Behandlung des Fortepianos zeigte sich’s, daß der Ton des Basses zu schwach und zu grell war, wenn er angegriffen wurde. Dies gilt überhaupt auch von Diskant, der jedoch stärker ist. Die Dämpfung ist nicht so präcis, wie die bey den Wiener—Flügeln. Der Fall ist etwas zu tief, deshalb nicht bequem zum Concert, obwohl zum Fantasiren geeignet. Gleich Anfangs sprang eine Diskantsait. Bey langsamen Arpeggio’s tönte der Klang sehr schön fort. Bey schnell n Figuren wurde derselbe undeutlich. Die Kunst der Wiener-Fortepianomacher—hier ist von den besten soliden Meistern die Rede—wurde einstimmig anerkannt, und am englischen Instrumente mancherley vermißt.

Hr. Moscheles spielt noch einmahl für Hrn. Mayseder’s Vortheil in seinem Benefize.

Allgemeine Theaterzeitung und Unterhaltungsblatt für Freunde der Kunst, Literatur und des geselligen Lebens (December 23, 1823): 618-619.

Moscheles

veranlaßte am 15. Dezember durch sein Benefit allen Musikfreunden ein großes musikalisches Fest. Die kunstfördernde Direktion des k. k. Hofopern-Theaters überließ diesem Künstler für den beutigen Abend das Schauspielhaus, und gab nach der musikalischen Akademie den beliebten, schönen Ballet „die Amazonen;“ das Haus war zum Erdrücken voll.

Die interessant angeordnete Akademie begann mit einer herrlichen, noch selten gehörten Ouverture von Beethoven, in welcher der große Meister der Töne seinen Genius in einer ganzen Eigenthümlichkeit walten ließ. Die Aufführung war nicht sehr Präcis, und sehr interessant wäre es, dieses herrliche Tonstück gut probieret bald wieder zu hören. Moscheles spielte zwev Mahl auf einem sehr guten instrumente von Leschen, und ein Mahl auf einem englischen Pianoforte von Broadwood. Zuerst hörten wir das Concert aus Es-dur, mit welchem dieser Virtuos vor seiner Reise von uns Abschied nahm, sodann seine Alexander-Variationen, und endlich fantasirte er auf dem englischen Instrumente.

Moscheles bewies heute wieder, daß er der größte Pianofortespieler unserer Zeit ist. Diese Kraft, diese Präcision, diese Nettigkeit, diese ungeheure Bravour, diese Mannigfaltigkeit der Nüancirung, dieser geschmackvolle Vortrag, diese Ausdauer finder sich nur in ihm vereinigt. In dem Concerte entwickelte er vorzüglich die Kraft und Sicherheit seiner linken Hand, welche der rechten zu spotten scheinet. Er überraschte uns in diesem Concerte mit einem neuen Adagio und mit der ganz neuen Art und Weise, wie er das Ganze spiele. Als wir dieses Concert zuletzt in Redouten-Saale hörten, freuten wir uns auf den Effekt, den unser Landsmann im Auslande hervorbringen würde, und es war damahls wohl niemand tun Saale, welcher dachte, daß er dieses Concert jemahls vollkommener hören könne, und dennoch wurde es so; denn Moscheles hat sein Spiel unendlich veredelt, abgerundet und sich eine Tonbildung eigen gemacht, welche das Clavier in ein ganz sangbares Instrument verwandelt. Dabey hat er seine Bravour, zu jenem Grade gesteigert, in welchem sie aufhört die Schwierigkeiten prahlsüchtig zu präsentiren, sondern sie demüthig dem höheren Kunstzwecke subordinirt. Moscheles ist der größte Künstler auf seinem Instrumente geworden!

Die Alexander-Variationen werden wir in diesem Tempo wohl niemahls von jemand Andern in solcher Vollkommenheit hören; in diesen produzirte er den Sieg des Mechanism, durch welchen den Geste die Schätze zugeführt werden; mit denen es aus langenden Mittel zu allen musikalischen Entreprisen auf dem Pianoforte erhält. Sie heißen Alexander Variationen; und Moscheles erscheint mit ihnen als der große Alexander im Reiche der Töne und Claviere.

Hatten das Concert und die Variationen schon scheinbar alles er schöpft, was das Clavier zu leisten im Stande war, so hoffte man auf dem Broadwood’schen Instrumente wentastens rücksichtlichder Qualität des Tones eτwas Neues zu hören; hierin fanden wir uns zwar getäuscht, denn eben nicht die besten unsrer Clavier-Instrument-Macher hatten schon lange viel Besseres in Ton. Kraft und Ausdauer geleistet, allein Moscheles überraschte dennoch abermahl durch die Neubeit seiner Figuren und Passagen, aber noch erfreuender und allgemein enthusiasmirend dadurch, daß er in Gegenwart unsers angebetheten Landesvaters unser herzinniges „Gott erhalte Franz den Kaiser“ als Thema verwendete. Lauter Jubel unterbrach den Virtuosen bey den ersten Tönen des Thema, und erscholl lang, langnachhallend am Schlusse desselben. „Gott erhalte uns sern guten, geliebten Vater-Kaiser!“ tönte in Aller Herzen in lauten Jubel-Tönen und verwandelte den Concert-Saal in einen Tempel, in welchem die heißen Wünsche eines glücklichen Volkes zum Himmel steigen. Der Virtuos war begeistert von der Menge, derer Begeisterung erweckte und führte sein Thema höchst glücklich durch, welches er sinnvoll am Schlusse mit dem Thema eines Händel’schen Triumph-Chores verwebte.

Dem Clavier-Alexander Moscheles wurde der geachtetste allgemeine Beyfall zu Theil. Nach jeder seiner Nummern wurde er zwey Mahl gerufen und empfing den Beweis der Anerkennung seiner Verdienste um die Kunst auf die bescheidenste Weise.

Das ganze Concert war sehr würdig ausgestattet. Mad. Grünbaum sang eine Arie mit großer Virtuosität u wurde mit reichem Beyfalle belohnt. Diese große Künstlerinn zeichnete sich heute wieder durch die Großartigkeit ihres Styles und die Eleganz ihres Vortrages aus. Wenn diese, erst seit kurzett wieder mehr nach Verdienst gewürdigte Sängerinn auch keine eigentliche Gemüths- Sängerinn ist, so ist sie um so mehr Kunst-Sängerinn von der seltensten Qualität, und alles Seltene hafte doch sonst Werth, wenigstens für ein Kenner-Publikum. Stakkirte Gänge und chromatische Läufe machte sie beute mit so bewunderungswürdiger Vollendung und entwickelte überhaupt nach allen Richtungen hin die glänzendste Bravour. Auch unsere liebliche Sonntag sang ein Duett mit Hrn. Haizinger stellenweise sehr brav, ihre Intonation schwebte aber hin und wieder ein wenig, jene des Hrn. Haizinger aber weit auffallender.

Hr. Mayseder spielte Violin-Variationen von eigener Composition, die wir schon öfter von ihm gehört haben, welche er aber heute mit einer neuen auf die angenehmste Wetze überraschend vermehrte. Hr. Mayseder spielte, wie immer, vortrefflich und entzückte allgemein. Seine Eigenthümlichkeit im Spiele scheint sich noch immer auf das wunderbarste zu entwickeln. Schade für den musikalischen Ruhm Wiens, daß nur Wien seine bezaubernde Töne kennet! D.

Allgemeine musikalische Zeitung mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat (December 27, 1823): 829-830.

K. K. Hof-Theater nächst dem Kärnthner-Thore.

Herr Moscheles gab noch eine dritte musikalische Academie in diesem Theater, und der Zulauf der Menschen war so gross, da dieselbe Academie nach wenig Tagen wiederhohlt wurde, dass wir wohl noch einige Mahle das Vergnügen haben wer den, ihn zu hören. Er spielte diess Mahl sein Concert in Es, von dem wir in Ansehung seines musikalischen Werthes nur Rühnliches sagen können. Eine wirklich schöne musikalische Arbeit, in welcher sich seine Gewandtheit in der Harmonie recht deutlich beurkundet.

Mit raffinirtem Erfindungsgeiste waren die ungeheuersten Schwierigkeiten in dieser Composition angehäuft, und wurden von dem grossen Fortepiano-Virtuosen auf eine eminente Weise gelöst. Man kann nicht mit mehr Sicherheit, Kühnheit und correcter Eleganz spielen, als Herr Moscheles. Das Fortepiano von Leschen that Wunder unter seinen Händen. Grosser stürmischer Beyfall und die Ehre des Hervorrufens wurde ihm zu Theil. Als zweyte Nummer spielte er die brillanten Variationen über den Alexander-Marsch, welche ihn hier in Wien vor einigen Jahren zum Virtuosen stämpelten. Seine Bravour überstieg alle Gränzen, sein schnelles Tempo alle Begriffe, und dennoch war Alles nett, rund und zierlich. Sein Wechsel im Piano und Forte war sehr anmuthig. Ungeheurer Beyfall wurde ihm. Sein drittes Tonstück war eine freye Fantasie auf einem englischen Pianoforte von Broadwoad. Wir gestehen offen, dass der singende Ton desselben in langsamen Interesse etwas Angenehmes hat, aber müssen bekennen, dass der Klang schwirrt und klirrt, wenn die Saiten angegriffen werden.

Die Kraft des Hammers verträgt das englische Instrument gar nicht. Der Bassist ist ohne Verhält miss zu schwach. Jeder Unbefangene musste denn deutschen Kunstfleisse Gerechtigkeit widerfahren lassen, und konnte den Wiener berühmten Forte pianomachern seinen überwiegenden Beyfall nicht versagen. Herr Moscheles hatte Geistesgegenwart genug, eine gleich Anfangs springende Discantsaite während des Trillers seiner linken Hand herauszunehmen, und führte seine Phantasie mit vieler Geschicklichkeit und Kunst durch.

Der Beyfall war abermahls ausserordentlich, und die Ehre des Hervorrufens wurde ihm aber mahls zu Theil.

Unseres trefflichen Beethoven Ouverture in C, noch Manuscript, wurde zum Anfang executirt.

Als Zwischenstücke sangen Mad. Grünbaum, dann Dlle. Sonntag und Herr Haitzinger mit vieler Virtuosität und verdientem Beyfalle.

Herr Mayseder erregte durch sein ausserordentlich schönes Violinspiel einen enthusiastischen Beyfallssturm. Man muss diesen Violinspieler zu den grössten Virtuosen unserer Zeit rechnen. Sein Bogen ist einem jeden Kenner eine bewundernswerthe Erscheinung. Die Lieblichkeit und Zartheit seines Tons ist unvergleichlich.

Herr Moscheles hat sich in diesem Concerte abermahls grossen Beyfall erworben.

Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode (December 30, 1823): 1288.

Am 15. December ließ Herr Moscheles zum dritten Mal im k. k. Hoftheater am Kärnthnerthore sich hören, und zwar bey übervollem Hause. Die Ankündigung, dag er zum letzten Male vor seiner Abreise spielen werde, hatte die gahl der Zuhörer verdoppelt. Die Akademie begann mit einer Ouvertüre von Beethoven, die ziemlich gut executirt wurde.

Herr Moscheles spielte hierauf sein Concert in Es, in welchem er nicht allein eine sehr effectreiche und geschmackvolle Instrumentirung angebracht, sondern auch seiner eminenten Kunstfertigkeit die glänzendsten Momente bereitet hat. Die Rundung, Nettigkeit und Eleganz seines Spiels erregte einen neuen Grad von Bewunderung. Das Schwerste und Glänzendste scheint Herr Moscheles zur letzten Akademie auf gespart zu haben. Seine außerordentliche Fertigkeit war immer durch interessante Schattirungen gehoben; die schnellsten und schwersten Passagen zeichneten sich besonders dadurch aus, das, sie oft im leisesten Piano vorgetragen wurden. Der Beyfall war groß, und zweymal wurde der Künstler nach einander hervor gerufen.

Das zweyte Tonstück, das die Theilnahme der Zuhörer bis zum Enthusiasmus freigerte, war der Alexandermarsch mit Variationen; ein glänzendes, effectvolles und er greifendes Tonstück. Sein Staccato führt er in einem überraschenden, schnellen Tempo aus, und es entschlüpft ihm keine Note. Er führte diese beyden Stücke, so wie früher, auf einem Fortepiano von Leschen in Wien aus, das seinem Spiele durch die höchste Präcision des Anschlags, Kraft des Tons und Lieblichkeit des Piano, besonders aber durch die feste Stimmung sehr zu Statten kommt.

Das letzte Stück, eine freye Phantasie, wirkte um so mehr, weil der Virtuos das Lied „Gott erhalte Franz den Kaiser!” zum Thema nahm, und damit die schönste Saite in allen Herzen berührte, das sein Gemüth und seine Kunst zugleich erhob. Er mischte kunstreich ein Thema von Händel ein, und trug dieses Tonstück auf einem englischen Fortepiano von Broadwood vor, das von London unserm hochgeschätzten Beethoven zum Geschenk übersendet wurde.

Der Ton dieses Instruments ist, wenn es im Forte angegriffen wird, zu grell und nimmt etwas Klirrendes an. Die schwache Besaitung, die der englische Verfertiger wählte, um dem Instrumente mehr Gesang zu geben, ist für das Concertspiel zu kraftlos. Der Baß ist besonders schwach; die Dämpfung, auf englische Art, auch nicht präcis, sondern der Ton klingt nach. Die äufiere Form hat für unsern jetzigen Geschmack etwas Widerstrebendes. Alles ist spindelartig gedrechselt an den Fügen. Ein stimmig erkannte man die deutschen Flügel im Ton und in der Behandlung für vorzüglicher, als die englischen. Wien hat es darin auf den höchsten Grad gebracht. Herr Moscheles wurde auch jetzt zwey Mal hervorgerufen.

Als Ruhepuncte für den Spieler wurden folgende Tonstücke aufgeführt. Zuerst sang Mad. Grünbaum eine italiänische Scene mit vieler Bravour und guter Stimme. Sie erhielt großen Beyfall. Dann wurde von Dlle. Sonntag und Herrn Haizinger er ein Duett beyfallswürdig vorgetragen. Einen großen Enthusiasmus erregte das reizende Spiel des Herrn Mayseder, der täglich mehr als Meister auf der Violine sich hervorthut. Diese Akademie ist seitdem auf vielfältiges Begehren wiederholt werden.

Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt (January 8, 1824): 16.

Im k. k. Hoftheater nächst dem Kärnthnerthore wurden durch die Anwesenheit des berühmten Claviervirtuosen Moscheles, den Freunden der Musik noch einige angenehme Genüsse bereitet, indem derselbe sich noch einige Mahle hören lies!, und beydieser Gelegenheit durch die ausgezeichnetsten Künstler unterstützt wurde.

Einmal beschloß, er die Academie, in welcher er sich durch ein großes Concert und seine Variationen über den Alexander-Marsch schon auf die glänzendste Weise ausgezeichnet hatte, durch eine Phantasie auf einem englischen Pianoforte. Dieß Instrument hatte ihm unser berühmter Beethoven zu diesem Zwecke zu leihen die Gefälligkeit gehabt. Es ist ein Geschenk, welches der in London berühmte Fortepianomacher Broadwood Hrn. van Beethoven nach Wien geschickt hat. Moscheles spielte seine beyden ersten Nummern aus dem Fortepiano von Leschen, das er bey allen seinen Concerten gebraucht hatte. Man war nun deßhalb um so mehr gespannt, welche Wirkung das englische Clavier machen würde, weil denn doch ein großer Theil der jetzt lebenden Welt bey dem Worte „Englisch“ einen so ungeheuren Respect zu bekommen gewohnt ist, das, man sich darunter nur das Vollkommenste, Feinste und Geschmackvollste denken könne. Diejenigen, welche mit einem albernen Aberglauben, oder wohl gar in einem lächerlichen, vornehmen Hochmuthe deßhalb allem teutschen Kunststeiße den Rücken kehren, und sich wo möglich alle Bedürfnisse lieber tagtäglich von London kommen ließen, wären in der That nur durch einen recht tüchtigen englischen Boxer von ihrer Anglomanie zu kuriren, der sie durch einige Gänge davon überzeugen könnte, daß nicht alles „Englische“ gerade das Beste ist.

Hier wurde nun aber der teutsche Kunstfleiß auf eine andere Weise zu Ehren gebracht, und diejenigen, welche sich durch das vom Concertspieler gebrauchte Köderwort „Englisch“ hatten anlocken lassen, ihren Körper auf ihre eigenen Kosten in’s volle Theater zu tragen und recht tüchtig drücken zu lassen, konnten gewahr werden, daß auch die Virtuosen sich mancher Aushängeschilde bedienen, und überhaupt nicht allemahl, wie bey der Hochzeit zu Canaan, das beste Gericht zuletzt auf den Tisch bringen.

Die Phantasie auf dem englischen Instrumente nahm sich nicht eben zum Besten aus. Die Dämpfer sind lange nicht so präcis, als unser teutsches Ohr sie fordert, und unsere jetzige Clavierconcertmusik verlangt. Der Bezug der Saiten ist zu schwach, und gibt den runden vollen Ton nicht an, sondern bey kräftigem Angriffe klirren die Töne.

Hr. Moscheles suchte nun zwar mehr durch gesangreiche Stellen seinen Vortrag zu heben, und durch Arpeggio’s oder andere mehr practikable Passagen sich auszuzeichnen; aber man er kannte allgemein den teutsche Flügel, wie er in Wien von den besten Meistern gemacht wird, für vorzüglicher an. Das Fortepiano von Leschen siegte also.

Allgemeine musikalische Zeitung (January 15, 1824): 43-44.

Am 15ten, ebendaselbst: Zum Vortheile des Hrn. Moscheles: eine musikalische Akademie, nebst dem Ballet: Die Amazonen. Erstere enthielt: 1. Ouverture von Beethoven (in C, 68Takt); 2. Pianoforte-Concert in Es; 3. Arie von Rossini, gesungen von Mad. Grünbaum; 4. Die Variationen über den Alexander-Marsch; 5. Duett aus Moses, gesungen von Dem. Sonntag und Hrn. Haizinger; 6. Violin-Variationen über ein dänisches Lied, von Mayseder; 7. Freye Phantasie auf einem englischen Pianoforte von Broadwood. Es ist solches dasselbe Exemplar, welches Beethoven vor einigen Jahren aus London zum Geschenk erhielt, und wofür er an Mauthen, Zöllen und Frachtgebühren mehr bezahlen musste, als das Instrument eigentlich werth ist; denn diese Instrumente dürfen sich doch wahrlich mit unsern einheimischen Erzeugmissen gar nicht messen. Da es, wie bekannt, sehr schwer zu traktiren ist, so wirkte Herr Moscheles in der That Wunder darauf, welcher, indem er in seinen frühern Phantasieen Themen von Rossini, Weber, Mozart und Beethoven zu sammenstellte, diessmal Haydn’s Volkslied mit Händel’s grossartigem Chor aus dem Alexanderfeste paarte und durch seine hohe Virtuosität wieder zur allgemeinsten Bewunderung hinriss.

Am 17ten, ebendaselbst: Auf allgemeines Verlangen: Wiederholung obiger Darstellung.

Der Gesellschafter oder Blätter für Geist und Herz (January 16, 1824): 44.

Der berühmte Clavierspieler Moscheles, welcher in Paris und London neulich Ehre und Geld so reichlich erworben, gab drei musikalische Akademieen bei stets vollen Häusern und mit ungetheiltem Beifall. An Präcision, Nettigkeit, Kühnheit und Glanz des Spiels wird nicht leicht einer der Lebenden ihn übertreffen; mir aber sey es erlaubt, was Ausdruck, Gemüth und Phantasie betrifft, Hummel für weit bedeutender zu halten, wenn er Jenem auch an obenberührten Eigenschaften weit nachsteht. Beide können und werden sehr gut neben einander bestehen und Jeder für einen vorzüglichen Künstler überall angesehen werden.

…Redakteur und Herausgeber: F. W. Gubit.

The Harmonicon, vol. II (April 1824): 71.

[Vienna] The admired Moschelles, after an absence of four years has visited this city again. His stay, however, was short, as his professional engagements claim his presence in England. He gave a concert which was numerously attended, on which occasion he performed a fantasia, in which he displayed the most surprising powers, joined to the highest elegance and perfection of art. The applause was unanimous, and it seemed the universal opinion, that the progress he had made during his absence, was beyond the most sanguine expectations.