12 December 1819

Ignaz Moscheles’ Farewell Concert

 

Vienna: Großer Redoutensaal

Time: Noon

Tickets: Hall, 2 florins; Gallery, 4 florins

Programme

Overture Schneider
Piano Concerto No.2 in E flat major (new)Mr. MoschelesMoscheles
Scene and DuetMme Grünbaum; Mr. BabniggGenerali
French Rondo for Piano and Violin (Op.48)
(new)
Messrs. Moscheles, BöhmMoscheles
From Il barbiere di Siviglia: CavatinaMme GrünbaumRossini
Free Piano Fantasia, incl. ‘Der Abschied
der Troubadours’
Mr. Moscheles 
Principal Vocalists: Mme Grünbaum; Mr. Babnigg
Principal Instrumentalists: Mr. Böhm, Moscheles

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Profit: 5000 florins

[Beethoven’s Konversationshefte Heft 5, 19v. D-B Mus.ms.autogr. Beethoven, L. v. 51,4]

Beethoven’s Conversation Book

Gerstern war Conzert von Moscheles haben Sie nichts gehört davon? Der Jude hat zu Ende fantasirt, –

Er – und fantasire?

[Ludwig van Beethoven, Konversationshefte: Februar 1818-März 1820 (Hefte 1-10), ed. Georg Schünemann, vol. 1, 3 vols (Berlin: M. Hesse, 1941), 139]

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Allgemeine musikalische Zeitung mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat (November 24, 1819): 760.

Dem Vernehmen nach gedenkt Hr. Moscheles in Bälde eine Kunstreise durch Deutschland, Frankreich und England anzutreten. Im einem Abschieds-Concerte, welches am 12. December im k. k. grossen Redouter-Saale um die Mittags-Stunde Statt finden wird, erwartet uns das Vergnügen, die neuesten Compositionen dieses geschätzten Virtuosen von ihm selbst vortragen zu hören.

Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt (December 9, 1819): 588.

Herr Moscheles, welcher dem Vernehmen nach, ehestens eine Kunstreise nach Frankreich und England anzutreten Willens ist, wird ein Abschieds-Concert am 12. d. M. im k. k. großen Redoutensaale geben, in welchem er sich mit seinen neuesten Compositionen, nähmlich: in einem Concerte fürs Pianoforte, und in einem großen Rondo concertirend für Pianoforte und Violin (letztere von Herrn Böhm gespielt), hören lassen wird.—Wir dürfen uns von diesem ausgezeichneten Virtuosen einen hohen Genuß versprechen, und machen es uns zur angenehmen Pflicht, die  Freunde der Tonkunst hierauf vorläufig aufmerksam zu machen. Eintrittskarten zu zwey Gulden W. W. (fürs Parterre) und zu vier Gulden W. W. (auf die Gallerie) sind bey den Musikhändlern Steiner und Comp. am Graben, und in der Kunsthandlung Artaria und Comp. am Kohlmarkt zu haben.

Allgemeine musikalische Zeitung mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat (December 11, 1819): 800.

Hr. Ignaz Moscheles wird morgen im k. k. grossen Redouten-Saale um die gewöhnliche Mittags-Stunde eine grosse musikalische Akademie zu geben die Ehre haben, worin er sich mit neuen Compositionen auf dem Pianoforte hören lassen wird. Als Virtuos und Componist lässt Hr. Mocheles einen äusserst erfreulichen Kunstgenuss, und die sehr billigen Eintritts-Preise (in den Saal zu 2 fl., und auf die Gallerie zu 4 fl. W. W.) einen zahlreichen Zuspruch erwarten.— Eintrittskarten sind in der Musikhandlung der S. A. Steiner et Comp., und morgen an der Cassa zu haben.

Reviews

Wiener allgemeine Theaterzeitung. Ein Unterhaltungsblatt für Freunde der Kunst, Literatur und des geselligen Lebens (December 16, 1819): 599.

Concert.

Sonntage den 12. Dec. gab Hr. Ignaz Moscheles, vor Antritt einer Kunstreise, in dem k. k. großen Redoutenlaale einem sehr zahlreichen Publikum um die Mittagsstunde eine musikalische Akademie. Sie begann mit einer Ouvertüre von Schneider, welche in düsteren Gestaltungen auf etwas ganz Abenteuerliches und Unheimliches vorzubereiten schien. Das folgende neue Pianoforte-Concert, componirt und gespielt von dem Concertgeber, zeigte etwas Großgestaltetes und wohl hin und wieder Befremdendes, aber im Ganzen, und besonders im dritten Satze so viel Erfreuendes, daß die durch die Ouvertüre aufgeregte Stimmung um so schneller weichen mußte, da die Kunstfertigkeit des virtuosen das Non plus ultra aufzustellen sich zur Aufgabe gemacht zu haben schien. Eine Scene und ein Duett von Generali wurde von Mad. Grünbaum und Hrn. Babnigg vortrefflich gesungen. Das folgende Rondo concertant für Pianoforte und Violine mir Orchesterbegleitung von I. Moscheles, gespielt von dem Concertgeber und Herrn Böhm, Professor der Violine, wurde uns als ein französisches angekündigt. Haben die Franzosen einen besondern Charakter in ihrem Instrumentalsatze, wie in ihrem deklamatorischen Gesänge der Oper? War das Thema aus einem französischen Volksliede? Und wäre dieß, sind z.B. alle deutschen Theaterstücke über Sujets aus der französischen Geschichte französische zu nennen?—Halten wir uns aber bey einem Worte nicht zu lange auf, und lassen wir der Sache ihren Werth, indem wir gestehen, daß der Satz, wenn auch nicht sehr interessant, doch sehr brillant und concertant für beyde Instrumente sey. Die Hrn. Executoren schienen sich gegenseitig übertreffen zu wollen, aber der Siegeskranz wird wohl dieß Mahl in zwey gleich Hälften getheilt werden müssen. In der folgenden Cavatine von Rossini aus dem »Barbier von Sevilla« übertraf Madame Grünbaum sich selbst. Dieser Ausdruck war wohl nie mehr an feinem Platz, denn unmuthiger, reiner, kräftiger, mit mehr Unbefangenheit und Sicherheit hörten wir diese Sängerinn noch nicht. Es gelang ihr ganz besonders, der Composition eine gewisse naive Scherzhaftigkeit abzugewinnen, welche, mit so viel Zartheit und Innigkeit gepaart, die entschiedenste Wirkung machte. Sollte denn diese so vollkommene Sängerin noch immer vorrücken? Allgemeiner und gewaltiger ansprechen kann sie  aber doch nicht mehr. Der Jubel der ganzen Versammlung nöthigte sie zur Wiederhohlung. Zum Schlusse phantasirte Herr Moscheles sinnig und lieblich auf denk Pianoforte. Er verwebte recht bedeutungsvoll in seine Phantasie das Thema seines so oft mit vielem Vergnügen gehörten »Abschied der Troubadoure,« und machte durch diese Mahnung die wehmüthige Empfindung rege, daß wir diesen Schöpfer so vieler hoher Kunstgenüsse auf lange, vielleicht zu lange Zeit vermissen sollen. Heil ihm, er wird so viele Verehrer als Hörer finden, und wir werden uns erfreuen und uns seiner rühmen, wenn dieser Sohn unsers Vaterlandes der Fremde zeigen wir, welche Talente die Gegenwart auf unsern Boden hegt.

N.

Allgemeine musikalische Zeitung mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat (December 18, 1819): 811-813.

Grosse musikalische Akademie am 12. December von Hrn. Ignaz Moscheles, im k. k. grossen Redouten-Saale gegeben.

Wir hörten: 1) Eine neue Ouverture von Friedrich Schneider, vom gut besetzten Orchester sehr brav executirt. Das Werk ist verdienstvoll, und besonders der richtigen thematischen Führung und der zweckmässigen Instrumentirung wegen ausgezeichnet. Das Eingangs-Adagio, in welchem die Blas-Instrumente mit Solo‘s abwechseln, ist eher etwas zu lang. Die Ouverture erhielt verdienten Beyfall*). 2) Neues Concert für das Pianoforte, componirt und vorgetragen vom Concertgeber. Zuerst vom Dauernden, der Zeit Trotzenden, dem Werke des Componisten; dann vom Vergänglichen, der Macht der Kronos Unterworfenen, dem Vortrage des Virtuosen. Das Concert zerfällt in drey Sätze, die erstern zwey von Hrn. Moscheles neu verfasst, der letztere aus der schon früher bekannten, gehörten und beurtheilten Concert-Polonoise bestehend. Uns bleibt daher über das Rondeau nur in so weit zu sprechen, als es mit den vorhergehenden Sätzen ein im Einklange stehendes Ganze bildet oder nicht.—Wenn man mit aufmerksamem Blicke die Richtung verfolgt, welche das Talent des Hrn. Moscheles genommen hat, so wird man gewahr, dass sich sein Styl, welcher fast den Gipfel des geschmackvoll Brillanten und überraschend Lieblichen erreicht hatte, wie z. B. in den Alexander-Variationen, im Rondeau brillant in D-dur, in den G-Variationen, sich in neuester Zeit immer mehr zum solidern, ein ganzes Tonstück durch künstliche Führung aus wenigen Elementen entwickelnden Genre hinneigt, wovon seine Sonate mit Flötebegleitung, sein Concert de Société, sein neuestes Werk zu vier Händen, wie auch die zwey ersten Sätze des gegenwärtigen Concertes die bündigsten *) Sie wird im Verlage der Musikhandlung S. A. Steiner und Comp. ehestens erscheinen Beweise liefern. Ein reflectirender, auf sich selbst immer so aufmerksamer Tonsetzer, wie Hr. Moscheles, ersah bald, dass die musikalischen Coups de théâtre, die gehäuften Schwierigkeiten, obwohl mit dem Beyfalle der Menge gekrönt, welcher indessen immer mehr der Ausführung als dem Werke selbst gilt, um so weniger in der Folge seinem Genius entsprechen könnten, als Nachahmer in grosser Anzahl entstanden, und man fast mehr Mühe anwenden musste, neue Passagen zu erfinden, als gediegenere Werke zu liefern. Er griff also in die Tiefen des eigenen Busens, und schuf Arbeiten, welche, obgleich auf den Haufen vielleicht weniger drastisch wirkend, ihm den Beyfall der Verständigen um so mehr sichern müssen, als sie auf besserm Grunde ruhen. Diess erklärt, warum die beyden in dieser Akademie gehörten neuesten Arbeiten des Componisten ihm weniger frivolen Applaus, um so mehr aber immige Zustimmung und, folglich bey der jetzt herrschenden musikalischen Frivolität, kein so lärmendes Händeklatschen zuwege brachten, als er oft mit Piegen von geringerem Gehalte geerntet. Hiezu gesellte sich ein für die Mehrzahl ungünstiges Locale, welches die Töne des Instrumentes bey aller Aufmerksamkeit undeutlich schwirren und verhallen machte, wodurch die Wirkung natürlich sehr geschwächt, ja fast vernichtet werden musste. Der erste Satz des Concertes, in welchem Hr. Moscheles, wie im schon früher gesetzten Rondeau, drey, aber hier zweckmässiger gestimmte Pauken angewendet (im Rondeau Es, B und Ces, im ersten Allegro Es, B und G, eine deutlichere Stimmung) entwickelt sich kunstgerecht aus dem klaren Thema; die angebrachten Schwierigkeiten sind brillant, das Cantabile lieblich und durch harmonische Kunst pikant, die Instrumentirung reich und effectvoll im Tutti; dagegen im Solo so mässig, dass die Principal-Stimme nie gedeckt wird, eine zwar unerlässliche, jedoch nicht immer beobachtete Vorschrift. Das Andante, dessen Thema, da, wo es wiederkehrt, mit vieler Kunst varirt wird, gibt beyden Händen in schwierigen Trillern ungemeine Aufgaben, und bezaubert das Ohr durch angenehme, innig gefühlte Melodien. Ein wenig verkürzt, dürfte es noch mehr ansprechen, da die beyden andern Sätze ohnediess ausgeführt, und im grossen Style sind. Ob auf dieses Haupt und die ses Herz, denn was sind die zwey ersten Sätze eines Concertes anders? das vorhandene Rondeau (eigentlich das Heiterste, Füsse Bewegende) ganz passe, mag sich der Tonsetzer selbst beantworten. So viel ist gewiss, dass es sehr schwer halte, sich in die Stimmung zu versetzen, in der man sich vor einigen Jahren befand, dass Kunst, Geschmack, Theorie und Ausübung nie stille stehen, und besonders muss augenmerkt werden, dass die Polonoise als ein Concert-Stück, nicht aber Theil eines Concertes für sich allein geschaffen worden. 3) In der melodienreichen, von Mad. Grünbaum und Hrn. Babnigg vorgetragenen Scene und Duett von Generali, erwarb sich erstere besonders lauten und ungetheilten Beyfall. 4) Das neue französische Rondo concertant für das Pianoforte und die Violine, mit Orchester-Begleitung, von Hrn. Moscheles componirt, und von ihm und Hrn. Böhm vorgetragen, ist phantasiereich, originell, gründlich und angenehm; besonders gut gestellt, und von Wirkung ist die eingeflochtene Romanze. Hr. Böhm bewährte sich als Meister seiner Kunst. 5) In der Cavatine aus Rossini’s Barbier von Sevilla, einem sehr lieblichen Gesangstücke, entfaltete die Nachtigall Grünbaum alle Schätze ihres silbernen Organes, ihrer hohen Kunstfertigkeit, und zeigte sich als unsere erste Meisterinn, auf deren Besitz wir stolz seyn dürfen. Noch nie hatte Ref. Gelegenheit, sie in diesem Masse zu bewundern. Das Publicum, von Enthusiasmus hingerissen, forderte laut die Wiederhohlung dieses Genusses; die Künstlerinn gewährte sie mit Gefälligkeit, und des Beyfalles war kein Ende. Der Concertgeber führte zum Schlusse ein ausdrucksvolles Thema auf dem Pianoforte im freyer Phantasie und mit vieler Kunst aus, verflocht passend und angenehm den Abschied des Troubadours in das Ganze, und endigte, den angefangenen Satz wieder aufnehmend, mit brillanten Accorden. Das zahlreiche und gewählte Publicum verliess befriedigt den Saal. Dem Spiele des Hrn. Moscheles auf dem Pianoforte Lobsprüche ertheilen, und dessen Vorzüge in einem Wiener Blatte den Wienern auseinander setzen wollen, hiesse wiederhohlen, was jeder weiss, der ihn gehört, was hundertmahl gesagt und gedruckt worden. Er verlässt uns leider bald, doch, wie wir holfen, nicht auf immer. Wir hegen die feste Zuversicht, dass dieser treffliche Künstler, den Bescheidenheit und Humanität auch als Menschen schätzbar machen, überall Beweise jener Achtung erhalten wird, die man in Wien allgemein seinen Talenten und seiner Person zollt. Möge er mit Gewinn für die Kunst und sich wiederkehren!

*) Sie wird im Verlage der Musikhandlung S. A. Steiner und Comp. ehestens erscheinen.

Der Sammler. Ein Unterhaltungsblatt (December 25, 1819): 619-620.

Hr. Ignaz Moscheles gab am Sonntag den 12. December um die Mittagsstunde im großen Redoutensaale eine Akademie, in welcher er sich, vor seiner Abreise nach Frankreich und England, auf dem Fortepiano hören ließ. Sein schönes und brillantes Spiel hat ihn schon seit einigen Jahren zu einem der ersten Fortepianospieler gemacht, und er hat in diesem Concerte neuerdings seinen Ruhm begründet. Eine außerordentliche Sicherheit und Pracision ist an ihm zu bewundern, und er ist in einem solchen Grade Meister seines Instrumentes, daß er mit ihm nach Gefallen schalten und walten kann. Die linke Hand ist so ausgebildet, daß die Führung der Cantilana, und wenn sie auch concertirend ist, durch dieselbe mit Nettigkeit und Geläufigkeit zu Stande gebracht wird. Dabey ist der Triller in der Linken so brillant als in der Rechten, weshalb derselbe auch ein Lieblingsspiel seiner Virtuosenlaune zu seyn scheint. Mit großer Rundung weiß Hr. M. Passagen und Melodien in parallel laufenden Octaven mit einer Hand vorzutragen, deren vielfache Verschlingung einem anderen Spieler zu thun geben würde, wenn er sie einfach mit solcher Präcision herausbringen wollte. Auch sind seine Sprünge so sicher in den entferntesten Tonlagen, daß man die Besiegung ungemeiner Schwierigkeiten in seinem Spiele mit Vergnügen wahrnimmt. Dabey hat seine Hand eine schöne, zweckmäßige Stellung, scheint aber bisweilen durch Ostentation oder Virtuosencaprize zu einem etwas flüchtigen Schwunge gehoben.

Er wählt zu seinem Spiele gewöhnlich Instrumente, welche einen weniger tiefen Fall haben, deßhalb er die von Löscher in Wien vorzieht.

Wir sind begierig zu erfahren, welchen Weg er bey den englischen, tief fallenden Fortepiano’s einschlagen wird, da der Bauder Claviatur derselben doch in seinem Spiel eine wesentliche Veränderung hervorbringen muß.

Hr. M. spielte ein Concert in Es, von seiner Composition. Der Satz ist brillant, und beweist, daß ein strenges Studium den jungen Tonsetzer seit einiger Zeit gebildet hat.

Seine Inganno’s sind von Wirkung und der Styl oft durch recht gelungene Nachahmungen gewürzt. Man kann seine harmosche Behandlung kraftig nennen.

Die Instrumentirung des Concerts ist sinnreich und effektvoll und das blasende Orchester dabey mit einer Üppigkeit gebraucht, welche dem Eindrucke des Schönen nicht widerstrebt, und durch launige Schattirung oft wunderbare Nuancirungen hervorbringt.  Besonders ist zu loben, daß Fagotte, Clarinette und Oboen oft einen [*] Gesang gegen die vielgliedrigen Passagen des Fortepiano’s ausführen.

Das Rondo, welches er diesem Concerte einverleibt, haben wir schon vor einigen Jahren gehört.

Das zweyte Concertstück, worin er sich heute zeigte, war ein sogenanntes französisches (?) Rondo mit Violine. Die Merk mahle des Französischen würden in der Schreibart Rondeau deutlicher gewesen seyn, als sie im Tonsatze zu erkennen waren. Nach dieser Schreibart Rondo werden es die Italiener wohl sich zueignen.

Die Composition ist im Ganzen gelungen und für die Geige gleichfalls effektvoll, welche hier der rühmlich bekannte Virtuos, Hr. Böhm, spielte. Wenn der Tonsetzer diesem Stück den Überfluß und die zu große Länge nehmen wollte, würde das Ganze sehr gewinnen. Nicht zu läugnen ist, daß diesem Rondo trotz vieler schönen Sätze die Einheit fehlt; denn es ist durch den steten Wechfel des Tempo’s allzu sehr zerrissen.

Das Spiel des Hrn. Moscheles wurde mit großem Beysfall aufgenommen, und Wiens musikliebendes Publikum wird diesen jungen Künstler aus fernen Ländern mit Freuden zurückkehren sehen. Möge er in diesen Ländern, wo am Lorberbaum auch goldene Früchte wachsen, eben so freundlich aufgenommen werden, als in Wien.

Wenn wo im Allgemeinen über den Effekt sprechen sollen, den ein Fortepianoconcert im großen Redoutensaal macht, so ist derselbe ungünstig zu nennen; denn die all zu große Länge desselben bringt ein akustisches Mißverhältniß hervor. Auch ist keine solche Stille und Aufmerksamkeit möglich bey einer Menge von Zuhörern, welche eben nicht durchgängig das geistige Interesse der Tonkunst herbeygezogen hat. Der kleine Saal würde dem Effekt günstiger gewesen seyn, wenngleich dieser Effekt einen Defekt in der Casst herbeygeführt hätte. Alte berühmte Tonsetzer eines gewissen Genre wollten nicht einmahl gerne ihre „Teutschen und Ländler“ darin aufführen, weil sie behaupten, die Harmonie—?—verfliege zu sehr.

Die treffliche Mitwirkung der Mad. Grünbaum und des Hrn. Babnigg, k. k. Hofopernsänger, ist mit vielem Lobe zu erwähnen. Die Singstimme gewinnt in dem großen Locale, und es kann der kunstreich und langgesponnene Faden eines Tons sich recht verklären in der Höhe des Raumes. Ungemein gut wirkte die schöne Stimme und der Vortrag der Sängerinn, welche von Hrn. Babnigg brav unterstützt und begleitet wurde.

Großer Beyfall ward beyden zu Theil, insbesondere aber dem Sologesang der Mad. Grünbaum.

Die einteitende Ouverture von Schneider in Leipzig war effektvoll, will aber öfter gehört und gespielt seyn.

Der Saal und die Gallerien waren ziemlich mit Zuhörern angsfüllt.

Allgemeine musikalische Zeitung mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat (December 29, 1819): 835.

Am 12. (in Concerte des Hrn. Moscheles) wusste sie [Mme Grünbaum] einer gehaltlosen Composition durch unbeschreibliche  Grazie der Ausführung den höchsen Reitz und die Ehre der Wiederhohlung zu verschaffen.

Allgemeine musikalische Zeitung (January 26, 1820): 57 —Am 12ten im grossen Redoutensaale Herr Moscheles—pour prendre congé—denn dieser Virtuos wird uns bald verlassen und Frankreich und England besuchen. Zuerst hörten wir—und auch das Vorzüglichste von allen Gegebenen—eine neue Ouverture in C moll von Friedrich Schneider, so trefflich gearbeitet, wie’s die neuere Zeit nur selten leider mehr zu Tage fördert. Der Bestgeber spielte ein neues Pianoforte—Concert in Es und mit Herrn Böhm ein sogenanntes französisehes Rondo mit concertanter Violine. Vom Wie kann keine Rede seyn, denn des Meisters hohe Kunststufe verbürgte den glänzendsten Erfolg zum voraus; aber über das Was kann Ref. nicht so günstig aburtheilen, denn beynahe scheint es, als ob der Componist diessmal des Guten zu viel habe thun wollen und dabey das delectare vergessen, ohne durch ein wahres prodesse dafür hinreichend zu entschädigen. Wenigstens hat der geschätzte Tonsetzer schon oft bey anderer Gelegenheit weit bündiger, angenehmer und viel weniger gesucht, unser Gemüth angesprochen. Mad. Grünbaum bezauberte die ganze Versammlung durch den reizenden Vortrag der Cavatine aus Rossini’s Barbier von Sevilla, und in einem Duette mit Herrn Babnigg, von Generali.