31 October 1840

Benefit Concert for Two Hospitals

 

Prague: Theatre

Programme

Comedy, Der Zeitgeist Raupach
Overture, Die Zauberflöte Mozart
Piano Concerto No.8 in D Major, PastoraleMr. MoschelesMoscheles
AriaHerr StrakatyBellini
Studies: 1) Allegro brillante, 2) Vivace,
3) Scherzoso [unidentified]
Mr. MoschelesMoscheles
From Characteristic Studies: 1) Wrath, 2) Reconciliation,
3) Contradiction, 4) A Nursery Tale
Mr. MoschelesMoscheles
Free Piano Fantasia, incl. a folk songMr. Moscheles 
Free Piano Fantasia, incl. Austrian folk songMr. Moscheles 
Principal Vocalists: Herr Strakaty
Principal Instrumentalists: Mr. Moscheles

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Programme Notes: The piano brand used was Graf.

Encore: Study, A Nursery Tale—Mr. Moscheles—Moscheles

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Moscheles: 11 Uhr Nachts, eine Stunde nach meinem Concert für Wohlthätigkeits-Anstalten, in welchem ich fünfmal gerufen ward. [AML II, 70.]

Moscheles: Nachdem ich Dir am 21. über mein Nichtspielen geschrieben, den Aufforderungen der Verwandten und Kunstverwandten, ja sogar des Stadthauptmanns Hofrath von Muth widerstanden hatte, entschloss ich mich doch, nicht aus meiner Vaterstadt zu scheiden, ohne für ‚‘eine Wohltätigkeit’ gespielt zu haben und der Entschluss des 28. ward, wie Du siehst, am 31. ausgeführt, der Ertrag für zwei Spitäler… ich hatte einen neuen Graf’schen Flügel von Fr. v. Lemel geliehen bekommen, der mir sehr zusagt. [AML II, 70.]

Moscheles: To-day I have many congratulatory visitors after my success of yesterday; among them Dionys Weber, who is loud in my praise.  He organized for my special sake an orchestral performance by his pupils at the Conservatoire, and took me to the library, where, in accordance with his suggestion, the authorities have put up a marble bust of Mozart, of whose works they have a collection. [RMM, 276.]

Wilhelm Kuhe: ‘I recollect Moscheles visiting Prague (his native city) in 1840 to see his aged mother and other relatives. He was prevailed upon to give a concert, the proceeds of which were distributed among several charitable institutions. I can call to mind the audience being delighted with his almost youthful, vigorous, and really fine execution, albeit they were familiar with the performances of other great representatives of the modern school of pianoforte-playing, such as Liszt and Thalberg.

At this concert Moscheles played his Concerto Pastorale, several of his unrivalled studies, and concluded with an improvisation. I ought to mention a peculiarity about his first appearance on the platform which amused the audience vastly. The concert took place in the theatre, and when, the overture concluded, he stepped on to the stage, he carried in one hand his hat and in the other his stick, for all the world like a lion-comique of the present day. After looking around him for a convenient corner in which to deposit his impedimenta, he finally, amidst much hilarity, discovered a chair, on which he proceeded to place them before taking his seat at the piano-stool’.

[Kuhe, My Musical Recollection, 21-22.]

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Neue Zeitschrift für Musik (October 24, 1840): 136.

Hr. Prof. Moscheles war über 8 Tage in Leipzig und erfreute im kleineren Kreise seine zahlreichen Verehrer durch sein Spiel. Oeffentlich aufzutreten beabsichtigt er nicht mehr. Er reist von hier in seine Geburtsstadt Prag und dann nach England zurück.

Reviews

Bohemia, ein Unterhaltungsblatt (November 3, 1840): 4.

Am 31. October hörten wir unseren Landsmann, der rühmlich bekannten Virtuosen und Concert-Compositeur Ignaz Moscheles, numehr Kammervirtuosos Seiner königlichen Hoheit des Prinzen Albert von England und Professor an der königlichen Akademie der Musik zu London, in einem Concerte. Aus edlem Wohltatigkeitseiser hatte der Concertgeber den auf ihn ausfallenden reinen Antheil der Einnahme mehren hiesigen Wohlthätigkeitsanstalten gewidmet. Das Concert wurde bei aufgehobenem Abonnement gegeben; dennoch war das Haus in allen Räuhmen gedrängt voll. Den Anfang machte die Ouverture aus Mozarts »Zauberflöte.«  Hierauf folgte ein noch ungedrucktes Pastoral-Concert, von Hernn Moscheles componirt und vorgetragen. Nach der Unterbrechung durch eine Arie von Bellini, die Herr Strakaty ausgezeichnet und mit großem Beifalle fang, seßte sich der geehrte Herr Concertgeber zum Fortepiano, trug sieben seiner neuesten Etuden vor, und improvisirte zum Schluße Variationen über ein Volkslied. Er führte dann nach lang anhaltendem Beifalle noch eine zweite Improvisation über die österreichische Volkshymne aus, so daß die Vorstellung vom 31. Die gewöhnliche Theaterzeit überschritt. Ich gestehe offen, daß ich das Pastoral-Concert des Moscheles bei aller Aufmerksamkeit auf den Ideengang nicht begrissen habe. Eine Pastoralsymphonie kann ich mir eher denken, als ein Pastoral-Concert, weil sich Ländliches und Gekünsteltes nich wohl vereinigen, Concert und Kunstelei dagegen nicht leicht trennen lassen. Ich habe jedoch mit diesen Worten nur meine subjektive Meinung ausgesprochen, und würde vielleicht beim zweiten oder dritten Male ein Migniaturbild der Beethoven’schen Pastoralsymphonie herausfinden, wenn das Pastoralconcert schon gedruckt wäre. Concertant im Sinne der soliden Schule ist es jedenfalls. Hier der neusten Etuden bezeichnet der Compositeur mit den Schlagworten Zorn, Versöhnung, Widerspruch und Kindermärchen. Die künstlichste Nummer in Saß und Vortrag war die dritte, und die vierte wurde wegen ihres gemüthlich-scherzenden Gehaltes stürmisch begehrt. Die zweite war gegen der Unmuth, der sich in der ersten Nummer aussprach, beinahe zu elegisch. Von den drei ersten Etudenschlen das Vivace mehr anzusprechen, als das vorangehende Allegro brillante und das folgende Scherzoso. Aber da jeßt die Etuden aus der Lehrstube ausgezogen sind, und sich im Concertsaale eingebürgert haben, so darf die Kritik über ihre ästhetische Bedeutung kein hartes Urtheil fällen; denn es sind diese Etuden bloße Concertfragmente ohne Orchesterbegleitung; folglich musikalische Kleinigkeiten. Daß Herr Moscheles den Namen eine Professors durch ein regelrechtes, wohl überwachtes und in den schwierigsten Passagen sicheres Spiel vollkommen rechtfertigt, must selbst jenen einleuchten, welche den genial-kuhnen Liszt bewundert haben. Dem Concert ging die gelungene und deshalb sehr unterhaltende Produktion des Raupach’schen Possenspieles »der Zeitgeist« voran.

Der Adler (November 19, 1840): 2206.

Prag…Moscheles, der berühmte Kompositeur, welcher gerade in Prag anwesend war, so wie unser Altmeister Tomascher waren im Konzert. Moscheles, unser gefeierter Landsmann, welcher, nur um seine Mutter zu sehen, seine Vaterstadt besuchte, war nicht des Sinnes, sich öffentlich hören zu lassen; nach vielen Zureden entschloß er sich, im Theater zum Besten mehrerer Wohlthätigkeitsanstalten ein Konzert zu geben Moscheles spielte zuerst ein neues »Konzert pastoral» eine sehr schöne Komposition, deren erster bis letzter Takt den idillischen Charakter athmet, die Instrumentalbegleitung ist höchst interessant. Dennoch scheint es, daß dieses Konzert nicht so populär, als seine andern Konzerte, und vorzugsweise jenes herrliche G-moll-Konzert, werden wird. Sodann spielte der Künstler 3 Etuden und mehrere der neuesten Pieren, betitelt: »Zorn, Versöhnung, Widerspruch, Kindermärchen.« Alle sind charakteristisch und voller Schwierigkeiten; das liebliche Kindermärchen mußte Moscheles unter lautem Beifalle wiederholen zum Schlusse improvisirte Moscheles. Darin steht dieser Künstler einzig und allein dal er wählte ein böhmisches Volkslieb, nach einem Sturme von Beifall erschien Moscheles und improvisirte; wiederholt über das Volkslied. Wir wollen auf, das Spiel des Virtuosen zurückkommen. Die neuere Art das Klavier-Spiels nennt man die Romantische.

Jedoch unser Moscheles blieb beider klassischen Schule, sie ist die wahre Musterschule; denn so und nicht anders soll (nach meiner individuellen Ansicht) Klavier gespielt werden. Unter den taufenden Tönen, die er anschlug, war auch nicht ein einziger harter, roher Ton, alles hatte Klang, selbst die kräftigsten Baßoktaven. Mit welcher Zartheit behandelt Moscheles sein Instrument, wie lieblich und wohlthuend klingt sein Spiel, wie Perlen rollen die Töne, wie deutlich und klar hört man die schwierigsten Passagen unter seinen Händen, Moscheles ist Professor der Akademie in London; und wer wäre für diesen Posten würdiger? Ist doch Thalberg sein Schüler, und sein Spiel als wahres Muster für unsere jungen Klavier-Schüler, weßwegen wir ihm doppelten Dank wissen, daß er sich öffentlich hören ließ, denn er spielte für mehrere Wohlthätigkeitsanstalten unserer Vaterstadt, und eine Produktion eines Künstlere dieser Art ist eine allgemeine Belehrung und Bildung.

Moscheles ist im strengsten Sinne Tondichter (Kompositeur); er braucht benützt keine fremden Gedanken zum Arrangiren; denn nur in der Entwicklung der Melodie oder des musikalischen Gedankens liegt das Genie; Moscheles angebornes Genie bewährte sich in seiner Jugend, indem er durch die Komposition der Alexander-Variationen eine ganz neue Bahn im Klavier spiele gebrochen, und dessen G-mol-Konzert allein wird außer vielen seiner Kompositionen in den spätesten Zeiten als eine klassische und herrliche Komposition prangen.

Ein hiesiger Kunstrichter nannte seine Etüden und die oben angeführten Piecen schlechtweg musikalische Kleinigkeiten; ich bin überzeugt, wenn dieser Herr Referent musikalisch ist, und diese musikalischen Kleinigkeiten zur Hand nehmen, derselbe nicht blos anderer Meinung werden, sondern sich schämen würde, eines solchen Ausdruckes sich bedient zu haben.

Dieses Ausspruchs zufolge dürften die Allegri di Bravoura von Moscheles, Ries und jene von unserem Tomaschek, welche alle aber ohne Orchesterbegleitung, sind, nichts anderes als musikalische Kleinigkeiten sein. Doch jeder spricht und schreibt, so wie er es versteht.—Diesem Konzerte ging mit vieler Präzision die Ouvertüre zur Zauberflöte vor.

Carolus.

Allgemeine Musikalische Zeitung (December 9, 1840): 1034-1035.

Prag. Die interessanteste musikalische Erscheinung der letzten Zeit war das Konzert, welches Herr Ignaz Moscheles, Kammervirtuos des Prinzen Albert von England und Professor an der königl. Akademie der Musik in London, von allen Seiten dringend aufgefordert und bestürmt, im Theater, jedoch nicht zu seinem Vortheile, sondern zum Besten mehrerer Wohlthätigkeitsinstitute seiner Vaterstadt gab. Nach der Ouverture zur „Zauberflöte“ spielte Herr Moscheles ein Pastoral-Konzert für das Pianoforte (noch Manuskript), das bei aller Originalität und Selbständigkeit im Karakter doch an Romberg’s „Schweizergemälde“ mahnte, und nach einer Arie von Bellini, vorgetragen von Herrn Strakaty, zuerst drei wunderschöne Etüden: 1) Allegro brillante, 2) Vivace, 3) Scherzoso, und hierauf vier karakteristische Etüden: Zorn,—Versöhnung,—Widerspruch,—Kindermährchen, von welchen die letztere dermaassen ansprach, dass selbe wiederholt werden musste. Den Schluss bildete eine Improvisazion von Herrn Moscheles, welche, wie gewöhnlich, bei den Konzerten dieses Künstlers die interessanteste Nummer war, und nur durch seine Gefälligkeit noch überboten wurde, als er, dreimal hinter einander stürmisch gerufen, sich noch einmal an’s Pianoforte setzte, und das österreichische Volkslied mit einigen Variazionen zum Besten gab. Herr Moscheles war, als wir ihn das letzte Mal hörten, schon ein so vollendeter Künstler, dass hier selbst der grösste Kenner keine bedeutende Veränderung wahrnehmen konnte und heuer wie in früheren Jahren seine solide Bravour mit der ganz eigenthümlichen Rundung, Präzision und Schattirung des Anschlags bewunderte, womit er das Brillante und Erhabene mit dem Zierlichen und Niedlichen vereint, und seine Töne mit eben so grosser Freiheit beherrscht, als er in den originellsten Passagen durch die eminenteste Sicherheit überrascht. Wenn der Laie die Vorzüge seines Spieles nicht ganz zu begreifen vermag, so kommt das vorzüglich aus der Eigenheit, dass er, statt die Schwierigkeiten, welche er überwindet, durch gewisse künstlerische Koketterien bemerkbar zu machen, selbe vielmehr durch die anscheinende Leichtigkeit ihrer Hervorbringung verhüllt, daher nur von Kennern im ganzen Umfange beurtheilt werden kann.

Ein hiesiger Referent schien gute Lust zu haben, eine Parallele zwischen Moscheles und Liszt zu ziehen aber abgerechnet, dass durch Vergleichung der Individuen und Gegenstände der Kunst niemals ein genügen des Resultat hervorgebracht werden kann, gehören auch die eigentlichen Berührungen, welche beide grosse Künstler mit einander haben, eigentlich mehr der Geschichte der Kunst und ihrer eignen, als der Kritik an. Wie Liszt zog auch Moscheles schon als Jüngling die Augen der Kunstwelt auf sich, wie jener fand dieser zu seiner Zeit neue Bahnen für die Behandlung seines Instruments, und erregte durch die Verschiedenheit, die zwischen seinem Pianofortespiel und dem seiner Vorgänger bemerkt wurde, Theilnahme und Bewunderung. Dass der ältere Künstler seine Individualität aufgebe und sich der Revoluzion anschliesse, welche in dem letzten Jahrzehent das Pianoforte verwandelt, ist nicht zu verlangen, und daher kann Moscheles vernünftiger Weise von den Pianoforteheroen unserer Tage nur etwa mit Thalberg (einst sein Schüler) verglichen werden, besser aber mit Keinem, als mit sich selbst und der Idee der Kunst.

Neue Zeitschrift für Musik (November 28, 1840): 176.

Moscheles, der seinen Verwandten in Prag einen Besuch abgestattet, hatte daselbst zu milden Zwecken am 31. Oct. ein glänzend besuchtes Concert gegeben. Bekanntlich ist Moscheles ein Prager.

Wiener Zeitschrift für Kunst, Literatur, Theater und Mode (January 11, 1841): 4.

Prag, im December 1840. Unser kunstreicher Landsmann Ignaz Moscheles, welcher mittlerweile Kammervirtuos des Prinzen Albert von England, und Professoren der königl. Akademie der Musik in London geworden, hat nach einer Reihe von Jahren seine Vaterstadt wies der einmal heimgesucht; zwar nicht in der Absicht, hier eine Ausstellung seiner Kunst zu geben, sondern bloß um seine hochbetagte Mutter zu besuchen; doch konnte er den dringenden Aufforderungen seiner Freunde und Verehrer nicht widerstehen, er gab daher nur ein Concert, und zwar zum Besten mehrerer Wohlhätigkeitsinstitute, worin die Freunde des Pianofortespieles sich abermals herzlich an seiner soliden Virtuositat, der Präcision und dem Ausdruck, dem milden Glanz seines Vortrags, an der gleichen Sicherheit im Majestätischen, wie im Scherzenden und Tändelnden, vorzüglich aber an der Originalität und Reinheit seiner Passagen erfreuten. Wir hörten Hrn. Moscheles in einem Pastoralconcert, sieben Etuden, von welchen drey bloß mit den gewöhnlichen musikalischen Significationen: AIlegro brillante, Vivsce und Scherzoso bezeichnet waren, die vier folgenden aber als characteristische Etuden, den Zorn, Verssöhnung, Widerspruch und ein Kindermärchen darstellten, von welchen das letztere einen solchen Beyfallssturm erregte, daß der gefällige Künstler dasselbe noch einmal vortrug. Das  coronat opus wurde durch eine herrliche Phantasie repräsentirt, und der Jubelsturm des Beyfalls stieg noch, als Hr. Moscheles, wiederholt hervorgerufen, noch einmal zu seinem Instrumente zurückkehrte, und die österreichische Volkshymne anstimmte.