25 May 1819

Ignaz Moscheles’ Private Musicale Entertainment

 

Vienna

Time: Morning, Ten o’Clock

Programme

Fantasia, Variations and Finale on the
Bohemian National Song ‘To Gsau Kône’
for Piano, Violin, Clarinet and Violoncello,
(Op.46) (new)
Messrs. Moscheles, Mayseder, Fliedlovsk, MerkMoscheles
From Iphigénie en Tauride: AriaMr. Stümer[Gluck]
Piano Sonata No.5 in F sharp Minor
(first time)
Mr. MoschelesHummel
Romance, ‘Der Abschied der Troubadours’ for Voice, Piano, Violin and Guitar
(words by Castelli)
Miss Vranický, Messrs. Moscheles, Mayseder, GiulianiΜοscheles &   Mayseder &
Giuliani
Principal Vocalists: Miss Vranický; Mr. Stümer
Principal Instrumentalists: Messrs. Fliedlovsk, Giuliani, Mayseder, Merk, Moscheles

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Reviews

Allgemeine musikalische Zeitung mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat (June 2, 1819): 351-352.

Musikalische Privat-Unterhaltung,

gegeben von Herrn Moscheles am 25. May um 10 Uhr Morgens.

Vorkommende Stücke: 1) Neue Fantasie und Variationen über ein bekanntes Volkslied für Pianoforte, Violine, Clarinette und Violoncell, componirt von Herrn Moscheles, vorgetragen von den Herrn Mayseder, Friedlovski, Merk und dem Verfasser. 2) Arie aus Iphigenie in Tauris, gesungen von Herrn Stümer, ersten Tenoristen des Berliner Hoftheaters. 3) Sonate von Hummel, in Fis moll, vorgetragen von Herrn Moscheles. 4) Der Abschied des Troubadours, vorgetragen von Dlle. Wranitzky, den Herren Mayseder, Giuliani und Moscheles.

Jedes Mahl, dass uns Herr Moscheles Gelegenheit gibt, seine hohe Meisterschaft im Clavierspiele zu bewundern, meinen wir immer, nunmehr sey ein weiteres Streben nach einer erhabenern Stufe vergeblich, ein sichtbarer Fortschritt dem so sehr Vorgerückten unmöglich, und doch überzeugt uns dieser Künstler, dass die Leiter der Bildung unendlich ist, doch besiegt jede seiner Leistungen die vorhergehende. So auch hier. Es scheint unmöglich mehr Kraft mit mehr Zartheit, mehr Glanz in der Ausführung mit ruhiger Solidität, mehr Schwung im Vortrage mit mehr Sicherheit zu vereinigen, und was das Brillante des Spieles betrifft, hat Herr Moscheles gewiss nur einen Meister über sich, nähmlich seinen eigenen Trieb nach Vollkommenheit, der ihm noch unerreichte Gebiete der Virtuosität erobern lassen wird. Ein zahlreiches und gewähltes Auditorium, dann fast alle Clavierkünstler Wiens hatten ein eben nicht grosses Locale so gefüllt, dass die Hitze sehr drückend und die Besiegung anhaltender und ungeheuerer Schwierigkeiten fast ein Wunderwerk war. Herr Moscheles zeigte seine Riesenkraft in ihrem vollsten Glanze, indem er über die Schwüle und die daraus für den Clavierspieler besonders entspringenden Hindernisse glorreich triumphirte. Die neue Phantasie, über deren Composition in diesen Blättern nächstens ein Mehreres gesagt werden wird, wurde von den vier Künstlern sehr gut vorgetragen, die Hitze mag dem Violoncelle etwas geschadet haben. Dieses Stück haben wir übrigens schon in Herrn Böhm’s Concert mit anderer Besetzung gehört. Herr Stümer sang Gluck’s Arie recht brav; der einfache, declamatorische Gesang sagt diesem Künstler am meisten zu, und die Verbindung der Brust und der Kopfstimme ist bey ihm sehr lobenswerth. Hummels, vorzüglich in Rücksicht auf Schwierigkeit, gigantisches Werk hatte einen würdigen Dolmetscher an dem Concertgeber gefunden, und hier war nicht allein Scanderbeg’s Schwert, sondern auch sein Arm. Hier besonders rechtfertigte der Künstler alles, was vorhin von ihm gesagt wurde. Der Abschied des Troubadours sprach, wie gewöhnlich, sehr an; Dlle. Wranitzky, die Herren Giuliani, Mayseder und Moscheles sangen, und spielten mit Virtuosität, und schlossen angenehm diese vorzügliche musikalische Unterhaltung, zu welcher Graf Ferdinand v. Stockhammer, ein durch seine Kenntnisse ausgezeichneter Gönner der Kunst, dem Concertgeber ein geschmackvolles Locale in seiner Wohnung auf dem Kohlmarkte eingeräumt hatte.

Allgemeine musikalische Zeitung (June 23, 1819): 430.

[Wien, May] Am 25sten gab Herr Moscheles eine musikalische Privatunterhaltung, worin er nebst einer Phantasie mit Variationen uns auch zum erstenmal Herrn Hummels neueste Sonate in Fis moll zu Gehör brachte. So vollendet in jeder Hinsicht sein Vortrag in diesem äusserst schweren Stücke war, so eine grosse Vorliebe Ref. seit langem für alle Arbeiten dieses Meisters hegt, so wenig konnte er sich überwinden, diesem, man möchte sagen, grässlich rhapsodischen Tongemälde den wahren Geschmack abzugewinnen. Auch die Kunst hat ihre Gränzen, und Horazens Warnung: miscere utile dulci, sollte doch nie ganz ausser Acht gelassen werden. Herr Stümer sang mit Gefühl Pylades Arie aus Iphigenia, und zum Finale diente das öfter, aber stets gern gehörte Quatuor: Der Abschied der Troubadours, gesungen von Dem. Wranitzky, begleitet vom Concertgeber, den Herren Mayseder und Giuliani.