2 January 1820

Franz Weiss’s Private Concert

 

Vienna: Minoritenplatz 50

Programme

String Quartet No.5 for Violin, Violin,      Viola, Violoncello (new)Messrs. Pecháček, Vranický jun., Weiss, MerkWeiss
Piano Concerto No.2 in E flat major, Mov. IMr. MoschelesMoscheles
From Tancredi: AriaMiss Pfeifer;
Violin Accomp.: Mr. Pecháček
Rossini
Variations for Flute, Oboe and Trumpet
(new)
Messrs. Alois Khayll, Joseph Khayll, Anton KhayllWeiss
Principal Vocalists: Miss Pfeifer
Principal Instrumentalists: Messrs. Alois Khayll, Anton Khayll, Joseph Khayll, Merk, Moscheles, Pecháček, Vranický, Weiss

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Programme notes: The piano brand was Graf.

Reviews

Wiener allgemeine Theaterzeitung. Ein Unterhaltungsblatt für Freunde der Kunst, Literatur und des geselligen Lebens (January 6, 1820): 12.

Concert.

Herr Herr Franz Weiß gab am 2. Jänner um die Mit tagsstunde auf dem Minoriten-Platz Nr. 50, im zweyten Stock, ein Privat-Concert, in welchem er durch ein neues Quartett und Variationen für Oboe, Flöte und Trompete als ein zwar gründlicher, aber nur zu oft die Fremdartigkeit statt der Originalität findender Compositeur auftrat. Es ist nicht zu läugnen, daß das Quartett sehr schön gearbeitet, stellenweise und zwar besonders im Adagio voll Wirkung ist, aber es scheint auch im ganzen Quartett mehr, als es die Würde eines solchen Tonstückes verträgt, unmittelbar auf Ueberraschung und Ohrenkitzel hingearbeitet zu seyn. Das allgemeine Interesse, mit welchem das Quartett angehört wurde, zeigte, daß das versammelte Publikum ein Kenner-Publikum war; es wurde aber auch vollkommen von dem Hrn. Compositeur, sodann den Hrn. Pechatscheck, Anton Wranitzky und Merk mit der zartesten Nüancirung vorgetragen. Wie sehr ein angemessenes Lokale und ein gutes Instrument auch bey dem größten Künstler den Erfolg unterstütze und sichere, zeigte das erste Stück des auf einem Graf’schen *) Instrument vom Hrn. Compositeur meisterhast vorgetragenen Moscheles’schen Pianosorte-Concertes in  Es-dur, dessen gehaltvoller Satz heute vollkommen genossen wurde, und deren herrliche, unübertreffliche Ausführung allge  mein entzückte. Dem. Pfeiffer sang mit ihrer schönen Stimme eine Arie aus »Tankred« und erntete lauten Beyfall. Bey dieser Arie zeichnete sich Hr. Pechatschek ganz besonders durch seine obligate Begleitung aus. Am wenigsten sprachen die von den Hrn. Gebrüdern Khayll gespielten, und von Hrn.Weiß für Flöte, Oboe und Trompete componirten Variationen an. Auch schien uns dieses Brüder-Terzett heute weniger zusagend, als wir es sonst schon vernahmen. Im Ganzen war dieses Concert sehr befriedigend und eine würdige Kunstdarlegung.

N—o.

Allgemeine musikalische Zeitung mit besonderer Rücksicht auf den österreichischen Kaiserstaat (January 8, 1820): 20-22.

Die am 2. Jänner von Herrn Franz Weiss gegebene musikalische Privat-Unterhaltung enthielt Folgende vier Stücke: 1. Neues Quartett Nro. 5, componirt von Weiss, und vorgetragen von dem Herrn Pechatschek, Anton Wranitzky Sohn, Weiss und Merk. 2. Erstes Stück des neuen Pianoforte-Concert in Es-dur, componirt und vorgetragen von Herrn Moscheles. 5. Arie von Rossini, gesungen von Dlle. Pfeifer, ersten Sängerinn des Theaters an der Wien. 4. Variationen für Flöte, Oboe und Trompette, componirt von Weiss, vorgetragen von den Herren Gebrüdern Khayll. Die Aufführung eines Quartettes in einem Concerte ist und bleibt ein nicht ganz glücklicher Gedanke, in dem, wohin man es auch versetzt, sey es zu Anfang, in die Mitte oder an’s Ende, es durch das darauf folgende, oder vorher gegangene verwischt, und fast getödtet werden muss. Diese neue Composition des Herrn Weiss zerfällt in vier Sätze. Der erste (G-moll) ist richtig und originell durchgeführt, besonders zeigt sich der Verfasser als ein guter Harmonist; doch fehlt es an melodischer Ründung, der Mittelsatz wird in beyden Abtheilungen und in verschiedenen Tonarten zwey mahl wiederhohlt, wodurch zwar an Länge, aber nicht an Interesse gewonnen wird, und man hört manche Bizarrerien, welche an sich unbedeutend und mit dem Hauptthema nicht verknüpft, die Wirkung des Ganzen nicht erhöhen. Das Andante (D-dur) hat vor dem ersten Satze viele Vorzüge und kann die Krone des Werkes genannt werden. Nicht allein, dass es melodischer ist und auch so geführt wird, was besonders dem Nichtkünstler anspricht, aber auch die Bearbeitung selbst ist consequenter, enger, und durch wirklich schöne, pikante Übergänge anziehend, daher auch die Kunst grösser; denn letztere besteht nicht darin, viele Gedanken zu vereinen und der Phantasie ihren ungezügelten Lauf zu lassen, wie es mehrere Neuere thun, sondern aus wenigen, wahrhaft – singba ren Elementen ein thematisch verfolgtes Ganze zu bilden, wie es Mozart und Haydn gethan. Eine ausgeführte Idee ist ein Fruchtzweig; eine ohne Verbindung hingeworfene, ein Wasserschuss, den ein weiser Gärtner als unfruchtbar im Frühling weg schneidet. Der Menuett ist etwas bizarre und abgezwickt; das Trio mit dem Violoncell-Solo verdient alles Lob. Dem Rondo geht die Einheit des Charakters einiger Massen ab. Es fängt stürmisch an, bey allgemeinen Zufriedenheit ausgeführt. läufig wie das Finale von Beethoven‘s 54. Clavier-Sonate und verfällt dann in ein Cantabile, was weder als Fortsetzung des ersten, noch als dessen Beruhigung angesehen werden kann. Übrigens ist es brillant und erhielt Beyfall, so wie die andern Sätze. Die Aufführung war vortrefflich, wofür die Nahmen der Spielenden ohnediess bürgen. Über das Piano-forte-Concert des Herrn Moscheles haben wir in Nro. 101 des vorigen Jahrganges dieser Blätter unserer Meinung ausgesprochen. In diesem dem Instrumente angemessenern Locale trat nun die brillante und grandiose Composition in ihrem vollen Glanze hervor; kein Nötchen entging den aufmerksamen Zuhörern, und das Werk machte ganz den tiefen Eindruck, den es, vollständig gehört und verstanden, nie verfehlen wird. Herr Moscheles wurde als vorzüglicher Tonsetzer und unser erster Pianoforte-Spieler mit enthusiastischem Beyfalle empfangen und entlassen. Er spielte diessmahl auf einem viersaitigen Instrumente, von Herrn Conrad Graf verfertigt, welches sich durch Stärke und Fülle des Tones eben so sehr als durch haltbare, von keiner Fingerkraft zu zerstörende Stimmung, als Concert-Instrument ganz vorzüglich auszeichnete. 3. In der doch gar zu oft gehörten Arie mit Violin-Solo aus Tankred von Rossini entfaltete Dlle. Pfeiffer die Reize ihrer schönen Stimme und liess uns nebst mehrern gelungenen auch ein Paar verunglückte Verzierungen hören. Einen Lauf bis in das hohe H müssen wir desshalb besonders bezeichnen, weil die Singstimme dabey die offenbarsten Octaven mit dem Basse machte, ein Übelstand, dem die Sänger nur dann ganz sicher entgehen werden, wenn sie ihre Variationen jedes Mahl einem des Satzes Kündigen vorlegen. Dlle. Pfeifer wurde lebhaft beklatscht, so auch Herr Pechatschek, der das Violin-Solo mit Bravour vortrug. 4. Die Variationen für Flöte, Oboe, und Trompette biethen besonders den beyden letztern Instrumenten Schwierigkeiten, deren Auflösung nicht immer ganz befriedigt. Die Oboe in den A und D Scalen und zuweilen in noch schwierigeren herumirren zu lassen, mag als Übungsstück hingehen und bey guter Aufführung den Kenner in Erstaunen setzen; der Künstler ist jedoch immer gegen den Zuhörer dadurch im Nachtheile, und die natürlichsten Tonarten sind für Vortrag und Tom des Instrumentes stets die besten. Das Gezwungene ist niemahls schön, in den plastischen Künsten wie in Musik und Poesie. Dieser letzte Satz lässt sich auch auf die äusserst schwere und anstrengende Trompette anwenden; man sieht eisernen Fleiss und besonderes Talent mit einem unbezwinglichen Werk zeuge streiten, bewundert und bedauert jedoch, dass so viele Mühe und Anstrengung so spärliche Früchte tragen. Die Composition des Herrn Weiss ist lobenswerth, so auch das Spiel der Herrn Kayhll, welche verdientem Beyfall erhielten.

Allgemeine musikalische Zeitung (March 29, 1820): 217.

Concerte. Am 2ten Januar Hr. Weiss. Von seiner Composition waren: ein neues Quartett in G moll, und Variationen für Flöte, Oboe und Trompete. Wenn, dieser Tonsetzer einmal anfangen wird, an Klarheit. Gefallen zu finden, weniger zu Beethovisiren und den Culminationspunkt seines Studiums und Strebens in Schwierigkeiten zu suchen, so kann er noch Vorzügliches leisten. Herrn Moscheles Vortrag seines neuesten Piano-forteconcerts [sic] und der Gesang der Dem. Pfeiffer in einer Rossini’schen Arie, wurden nach Verdienst gewürdigt.